Leeuwarden in Friesland ist 2018 Europäische Kulturhauptstadt. Die Österreicherin Charlotte Kraft studiert in der niederländischen Stadt und zeigt Besuchern die schönsten Ecken.
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Leeuwarden entdecken und erleben – die besten Tipps für einen Citytrip
Woher kommst du und was verschlägt dich in die Stadt Leeuwarden?
Charlotte Kraft: Ich komme aus Murau in der Steiermark und kam wegen des Studiums “Wildlifemanagement’’ nach Leeuwarden. Es gibt hier an der Van Hall University of Applied Science (Fachhochschule) verschiedenste Studiengänge, die als Bachelorstudium so nicht im restlichen Europa zu finden sind. Ich bleibe auf jeden Fall noch in 2018 hier, danach werde ich wahrscheinlich weiter ziehen. Wohin genau werde ich dann entscheiden. Aber wilde Tiere und Naturschutz sind meine Leidenschaft und der nächste Job wird auf jeden Fall in diese Richtung gehen. Vielleicht verbinde ich das Reiseführer sein mit der Natur!
Als Städtereiseziel ist Leeuwarden noch nicht wirklich am Radar der Österreicher. Warum lohnt sich ein Besuch? Was hat die Stadt Besonderes zu bieten?
Charlotte Kraft: Leeuwarden bietet echtes niederländisches Flair, ohne den Massentourismus! Das Stadtbild ist geprägt von Grachten, die von typisch niederländischen Häusern gesäumt werden, und auf denen man eine Bootrundfahrt machen kann. Jedes an diesen Grachten gelegene Café, hat eine Terrasse auf der man das ganze Jahr (im Winter mit Heizstrahlern ausgestattet) sitzen kann. Die Altstadt ist sehr gut erhalten und auch historisch ist Leeuwarden eine interessante Stadt. Es gibt hier wirklich besuchenswerte Museen und auch Kirchen, die man besichtigen kann. Natürlich haben wir auch Einkaufsstraßen und Ausgehmöglichkeiten. Das Beste ist: man kann alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen.
Wenn man die Stadt besucht, was sollte man auf keinen Fall versäumen bzw. für was sollte man sich auf alle Fälle Zeit nehmen?
Charlotte Kraft: Natürlich für einen unserer Stadtrundgänge. Nein, im Ernst, man kann so sehr viele schöne Plätze in Leeuwarden entdecken. Außerdem kann man im Sommer kleine Elektroboote mieten (Picknick mitnehmen nicht vergessen!) und durch die Grachten fahren. Macht auf jeden Fall Spaß und man sieht die Stadt aus einer anderen Perspektive. Für Kulturfreunde ist das Fries Museum auf jeden Fall ein super Tipp.
Welche Rolle spielt nachhaltiger Tourismus in der Stadt?
Charlotte Kraft: In Leeuwarden stößt man nicht gerade schnell auf den Begriff Öko-Tourismus, wenn man sich jedoch das Angebot anschaut (in der Stadt selbst gibt es vor allem Stadtrundgänge, Museen und Elektroboote) ist das auf jeden Fall nicht nicht-nachhaltig. Im Bezug auf nachhaltig im Sinne von in der Zukunft gleichbleibender Tourismus, sorgen wechselnde Ausstellungen in den Museen und Events für Besucher.
Wie kann man sich fortbewegen, um einen möglichst geringen Fußabdruck als Tourist zu hinterlassen?
Charlotte Kraft: Mit dem Fahrrad natürlich! Im Zentrum ist alles mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu erreichen. Wenn man ein Hotel außerhalb des Zentrums gebucht hat und nicht gerne Fahrrad fährt, gibt es auch gute Busverbindungen. Auch für weiter außerhalb der Stadt bieten die Niederlande ein wirklich gutes Bus- und Bahnnetzwerk!
Welche Restaurants sind besonders zu empfehlen?
Charlotte Kraft: Wir haben einige Cafés in denen man leckere biologische Produkte bekommen kann und wo man auch als Vegetarier und Veganer eine große Auswahl hat: “Broodje Bewust” und “Bagles&Beans”. Bij “Broodje Bewust” gibt es auch herrliche vegane Mehlspeisen. Des Weiteren kann man auch bij “Fruitbar Sis” und “Dr. Plant”, letzteres ist ein komplett veganes Take-away, gut zu Mittag essen. Bei “Barrevoets” gibt es biologische Smoothies und den besten Soja-Cappuccino in Leeuwarden! Am Abend ist ein guter Tipp um bei “Eetcafé Spinoza” zu essen. Da kann man zwischen Fleisch, Fisch, Vegan oder Vegetarisch wählen! Außerdem gibt es beim “Het leven” (holländische Küche) und beim “Jamuna” (indisch) zum Beispiel immer mehrere vegetarische Optionen und bei “Yucatán” auch vegane. Wenn man Wert legt auf biologisches Essen und auf der Suche ist nach gehobener Küche, kann sehr gut im Restaurant “Bij ús” und im “Eindeloos” essen. Beide haben ein Überraschungsmenü (man kann im Vorhinein angeben, was man nicht essen möchte), das aus frischen, regionalen und biologischen Produkten gekocht wird. Der Hintergrundgedanke ist, dass weniger Abfall entsteht und kein Essen weggeworfen wird.
Wo kann man in Leeuwarden besonders gut nachhaltig einkaufen?
Charlotte Kraft: Wir haben zwei Bio-Läden in Leeuwarden: Ekoplaza und Bio Bij Jansen. Außerdem gibt es einen Welt-laden und viele, viele, viele Second Hand Shops.
Gibt es regionale Shops/Designer/Märkte?
Charlotte Kraft: Jeden Freitag ist Wochenmarkt auf dem Wilhelminaplein. Dort findet man ein großes Angebot an biologischen und regionalen Produkten. Es gibt auch Shops wo man Produkte aus der Region bekommt, wobei das kleine Geschäft “Priuw” auf jeden Fall ein heißer Tipp ist. Des Weiteren hat Leeuwarden Jamila Faber als Stadtkünstlerin 2017/2018 aus erkoren. Es wird einem im Allgemeinen sowieso auffallen, dass es in Leeuwarden viele Künstler, Galerien und Ateliers gibt. Auch haben wir ein Graffiti Plattform, ein Projekt der Stadt Leeuwarden um Graffitikünstlern legal Plätze zur Verfügung zu stellen wo sie legal sprayen können. Außerdem ist in der Stadt selbst viel Straßenkunst zu finden. Bekannte Namen sind Roy Schröder, L.J. van Tuinen, Harke Broersma und Klaas Lageweg.
Welche zwei Ausflugstipps in die Umgebung sind (für Umwelt- und Naturfreunde) zu empfehlen?
Charlotte Kraft: Ganz in der Nähe von Leeuwarden gibt es ein National Park “De Alde Feanen”. Es ist ein Moorgebiet, wo man ganz toll Kanu fahren und Vögel beobachten kann. Die unglaubliche Weite und die vielen Wasserwege sind (so war es zumindest für mich) eine Abwechslung für so manchen Österreicher. Ein Must-See sind natürlich auch die Watteninseln. Es gibt viele Meinungen, welche die schönste ist. Je nach Zeit und Budget kann man die für sich geeignete Insel auswählen. Alle sind von Leeuwarden aus gut zu erreichen und bieten neben dem Watt auch wunderschöne Dünenlandschaften und kilometerlange Sandstrände. Vogelliebhaber kommen auch hier auf ihre Kosten. Seit 2009 hat das Wattenmeer den Status UNESCO Weltnaturerbe. Wo man auch hinfährt, es lohnt sich auf jeden Fall Fernglas und Vogelbuch mit zu nehmen!
Dein persönlicher Lieblingsplatz in der Stadt …?
Charlotte Kraft: Der Garten des St. Antonius Gasthuis. Immer wieder führe ich Besucher oder Freunde an diesen wenig bekannten und versteckten Ort. Es ist eine idyllische kleine Gartenanlage im Herz der Altstadt von Leeuwarden. Hier findet man besondere Pflanzen und Bäume, umgeben von wunderschön restaurierten alten Häusern.
Welche Touren werden auf Deutsch angeboten? Gibt es auch spezielle Touren im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas oder wo unter anderem auch Nachhaltigkeit eine Rolle spielt?
Charlotte Kraft: Auf Anfrage kann man bei “A Guide to Leeuwarden” alle unsere Touren auf Deutsch buchen: Leeuwarden Tour, Friese Verhalen Tour (=Friesische Geschichten Tour), Mata Hari Tour, Biertour und Street Art Tour. Zur Zeit bieten wir jeden Samstag eine Mata Hari Tour an (zu gleich mit der Ausstellung im Fries Museum), ab April wird es auch jeden Samstag eine Kultur-Tour geben. Im Sommer gibt es jeden Samstag eine Leeuwarden Free Tour auf Deutsch. Voraussichtlich von Mai bis September, aber genaueres wird demnächst auf unserer Webseite bekannt gegeben. Das Konzept “Free Tour” beinhaltet das die Gäste einen Beitrag in ihrem eigenen Ermessen geben.
Kulturhauptstadt Europas – wie ist die Stimmung in der Stadt?
Charlotte Kraft: Man hat hier auch von Anfang an viel mit den Menschen aus der Stadt und Umgebung zusammen gearbeitet. Es gab Pop-up Cafés und andere Plattformen wo man seine Ideen für Projekte einreichen konnte. Es gab schon Programm-Bekanntmachungen, woraus ein richtig schönes Event gemacht wurde und überall sieht man Fahnen, Flaggen und andere Werbung für das kommende Jahr.
Zur Zeit wird auch die Infrastruktur verbessert. Das heißt der Bahnhof wird umgebaut und die Straßen werden erneuert. Bis auf den Unannehmlichkeiten bezüglich de Baustellen ist die Stimmung hier richtig gut! Viele Menschen freuen sich auf das Jahr als europäische Kulturhauptstadt und man wartet auf die Touristen, aber natürlich auch dass man selbst das umfangreiche kulturelle Angebot nutzen kann!
Das Interview entstand im Rahmen einer Recherche für das Magazin Lebensart. Charlotte Kraft arbeitet in Leeuwarden als deutschsprachige Touristenführerin und freut sich auf österreichischen Besuch.
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Fotos: A Guide to Leeuwarden.
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