Mit Pferden und Mulis quer durch Italien. Gastautorin Karin Schafler nimmt uns mit auf ihren 150 kilometerlangen Wanderritt.
Inhalt
Reiturlaub in Italien: Eine Woche im Sattel
Gute Vorbereitung ist alles, heißt es so schön. Soweit so gut. Viele Stunden auf dem Pferd waren es nicht, aber zumindest ein paar lange Strecken auf dem „Drahtesel“, um ein wenig das „Sitzfleisch“ für dieses Abenteuer zu trainieren. Zwei lange Mountainbiketouren und ein paar Ausritte waren das ganze Trainingspensum für den 150 Kilometerlangen Wanderritt von Rimini nach Bivignano. Auch die Hinreise mit dem Zug verlief nicht ganz nach Plan. Straße statt Schiene hieß es ab Klagenfurt, denn die Italiener streikten wieder mal. So blieb die Hoffnung auf ein – nicht streikendes – Pferd, das mich sanft über die toskanische Hügellandschaft trägt. Die nachfolgenden Tage haben diesen Traum mehr als erfüllt.
Entspannter Start in Bivignano
In Bivignano angekommen, erwartet mich eine bunte Gruppe aus Schweizern und Deutschen, die alle hier schon langjährige Stammgäste sind. Dass es viele immer wieder in die Casa Bivignano, an diesen beinahe magischen Ort auf knapp 1000 Meter Seehöhe oberhalb von Arezzo zieht, verwundert nicht. Das alte toskanische Steinhaus, mit dem sich Patrizia und Stefan einen Lebenstraum erfüllt haben, ist umgeben von Wald und Wiesen, soweit das Auge reicht. Hier scheint die Zeit noch langsamer zu ticken. Nur das Schnauben der Pferde durchbricht die Ruhe, die diesen Platz umgibt. Von Stefan werden wir mit einem wunderbaren Abendessen empfangen.
Aufgesattelt im Hinterland von Rimini
Gespannt fiebere ich dem Zeitpunkt entgegen, an dem wir aufs Pferd „umsteigen“. Am nächsten Tag erreichen wir nach einer zweistündigen Fahrt ins hügelige Hinterland von Rimini das Agriturismo San Rocco und den nahe gelegenen Stall, wo bald unser großes Abenteuer bald beginnt. Noch ein kurzer Abstecher auf ein ein Mittagessen am Meer, ein weiteres herrliches Abendessen im San Rocco (jetzt weiß ich bereits, warum Patrizia schon vor dem Ritt meinte „plane ja keine Diät auf diesem Ritt ein“), geht es am darauffolgenden Tag los. Herrliche Galoppaden durch das Valmarecchia-Tal lassen die ersten 40 Kilometer wie im Flug vergehen. Die Pferde sind ausgeglichen und ruhig, aber auch gangfreudig – so wie man es sich als leidenschaftlicher Westernreiter wünscht. Doch halt – ich muss mich korrigieren: Nicht nur die Pferde sind grandios, auch zwei Mulis sind mit von der Partie. Und ich habe die Ehre, das erste Mal in meinem Leben die hübsche Muli-Dame Maya zu reiten – eine ganz besondere „Dame“, nämlich eine Kreuzung aus Eselin und Quarterhorse.
Fotogalerie – eine Woche Reiturlaub in Italien:
Zweiter Tag – Reiturlaub in Italien
Von unserer schönen Unterkunft mit vielen Pferden, Ziegen und Hunden, dem Agriturismo Cá Drolo, starten wir los. Von knapp über Meereshöhe geht es nun stetig hinauf – auf knapp 1000 Meter. Nach der Provinz Emiglia reiten wir ein kurzes Stück durch die Marken, durch das Naturschutzgebiet von Sasso Simone, wo die mächtigen Kalkstein-Felsen Sasso di Simone und Simoncello auf 1.204 Meter thronen. Unsere Pferde (und Mulis!) klettern unermüdlich die steinigen Wege hinauf zu diesen mächtigen Felsen. Was für ein Anblick und Ausblick! Bergab geht es dann über schmale Pfade und saftige Weiden, wo uns die eindrucksvollen, weißen Chianina-Rinder mit neugierigen Blicken begleiten. Bis wir beim nächsten wunderschönen Agriturismo l Casale dei Barboni ankommen, wo wieder köstliches toskanisches Essen wie etwa selbstgemachten Pasta mit Funghi Porcini e Salsiccia aufgetischt wird.
Der prächtige Anblick des Sasso di Simone und Simoncello begleitet uns am darauffolgenden Tag noch lange Zeit. Als wir in weiter Ferne noch immer einen Blick auf die eindrucksvollen Gebirgszüge erhaschen, scheint der zurückgelegte Weg wie drei Tagesritte entfernt.
Cappuccino mit Pferd
Auch heute gibt es wieder einen kurzen Cappuccino-Stop in einem kleinen Ort, wo „meine“ May wieder die große Attraktion ist. Denn – so erzählt mir Patricia – die Italiener sind ganz vernarrt in Mulis und meinen, sie seien ja „viel schöner als die Pferde“. Ich kann dem nur zustimmen. Nach dem zweiten Tag bin ich bereits ganz verliebt in „meine“ May – sie reitet sich wie ein echtes Quarterhorse. Sie ist feinfühlig, klug, zuverlässig, gelassen, achtsam und … stur? Ja, nach dem Absteigen kämpft sie sich schon sehr zielstrebig zum nächsten Grasbüschel und findet langes Stehen gar nicht so toll. Aber sie macht es mit Charme. Wirklich böse sein kann man ihr einfach nicht. trotz unserer kleinen „Kämpfe“ am Boden hat habe ich mich richtig in sie verliebt. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass sie meine Gedanken lesen kann.
Zurück in der Toskana
Nach einem langen Aufstieg in einem unendlich erscheinenden Waldgebiet im Nationalpark Alpe della Luna (auch ein beliebtes Wandergebiet), erreichen wir das fast geheimnisvoll anmutende Rifugio La Spinella, das auf eine 1000jährige Geschichte als Burg und Bauernhaus zurückblickt. Das toskanische Abendessen mundet wieder so gut, dass ich für mich beschließe, auch mal ohne Pferd hierher zurückzukehren. Es gibt Lasagne als primo piatto und einen Schweinsbraten mit Fisolen und gebratenen Zwiebeln – das Ganze serviert am urigen Holztisch vor dem offenen Kamin. Und zum Abschluss versammelt sich wie von Zauberhand vor uns wieder eine große Auswahl an herrlichen Digestifs – vom selbstgemachten Grappa und Fenchellikör bis zum Eselmilch-Likör. Denn ganz in der Nähe befindet sich ja Philipos Allevamento di Asini, ein Bauernhof mit über 40 Eseln, auf dem wunderbare Produkte wie Likör und Seifen aus Eselmilch hergestellt werden.
Am nächsten Vormittag heißt es wieder „absteigen“ ins Tal. Zwischendurch steigen wir ab, und schlagen uns gemeinsam mit unseren vierbeinigen Freunden durchs dichte Gebüsch. Zum Glück hat Stefan die gesamte Route noch im Kopf bzw. gekennzeichnet, denn hier begegnen wir nur selten Menschen. Das soll sich aber bald ändern, denn nach ein paar Stunden lichtet sich der Wald … und wir sind wieder in der „Zivilisation“ angekommen – genauer: in Sansepolcro, wo wir diese Nacht verbringen. Pferde zuerst versorgen ist immer das oberste Gebot. Dann kommt aber auch wieder unsere kulinarische „Versorgung“ im wunderschönen Landhaus Antico Borgo De Romolini in Sansepolcro nicht zu kurz.
Reiturlaub in Italien – der letzte Tag
Die Zeit vergeht wie im Flug. Nach ein paar Regentropfen in der Früh zeigt sich das Wetter ab Mittag von seiner besten Seite. Warme Sonnenstrahlen begleiten uns das letzte Stück zurück nach Bivignano, das mein Lieblingsabschnitt dieses Rittes wird. Über Weinhügel, vorbei an den typischen toskanischen Steinhäusern geht es zurück in den Heimatstall. Auch hier bleiben unsere Pferde genauso ruhig wie die ganzen Kilometer zuvor. Ja, ein bisschen spüren wir alle die 150 Kilometer in den Muskeln, doch als es ein letztes Mal heißt „Galopp“, scheint von Müdigkeit keine Rede mehr zu sein. Mein Herz springt bei jedem Galoppsprung mit, und ich denke mir. Ach, ich würde doch noch locker weitere 150 Kilometer schaffen.
Diese Reitwoche wurde gebucht bei: http://www.bivignano.com. Autorin und Fotografin: Karin Schafler aus Graz. Kontakt zur Autorin für weitere Informationen: E-Mail: k.schafler@gmail.com.
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