Von Clauiano über Palmanova, von Strassoldo bis zu Toppo: Die Dörfer in Friaul sind architektonische Kleinode und geschichtliche Taktgeber. 13 Ideen für einen Ausflug aufs Land.
Inhalt
13 Dörfer in Friaul mit Charakter
Abseits der Massenströme sind in Friaul einige wunderschöne Dörfer zu finden. Bei unserem Streifzug quer durch die Region wartet verborgene Schätze darauf, entdeckt zu werden. Lass dich inspirieren und genieße die Landpartie auf italienisch.
Tipp 1: Clauiano – zwei Kirchen, ein Dorf
Von „Pieris e Claps“ geformt, so beschreiben es bereits Generationen. Felsen und Stein gehört nach wir vor zum Ortsbild von Clauiano. Genauso wie San Giorgio im Süden und San Martino im Norden. Besucher erfahren schnell, warum die zwei Kirchen ganz besonders sind. Vermochten sie doch zwei ursprüngliche Dörfer zu einem zu vereinen. Federführend sind sie noch heute für die Linien des täglichen Lebens. Casa Gardellini und Casa Beltramini zählen ihrerseits zu wertvollen Zeitzeugen. Die Innenhöfe dieser ersten Wohngebäude haben nichts von ihrer damaligen Schönheit verloren. Wenig verwunderlich, dass schon die Römer die damalige kleine Siedlung auf ihrer Handelsroute hatten.
Tipp 2: Cordovado ganz literarisch
Cordovado ist wohl eines der geschichtsträchtigsten Juwele in Westfriaul. Große Literaten wie Ippolito Nievo und Pier Paolo Pasolini haben sich hier bereits inspirieren lassen. Nicht nur wegen seiner stattlichen Burg aus dem Mittelalter und dem zugehörigen Rosenlabyrinth, vor allem Pilger schätzen den alten Marienwallfahrtsort als Ruhepol und Kraftquelle. Herzstück ist die barocke Pfarrkirche aus dem 15. Jahrhundert, die zu manchem Gespräch mit „Oben“ einlädt. Zauberhaft und urtümlich zeigt sich auch die Umgebung, etwa der ehemalige Zweig des Flusses Tagliamento. Seit 2004 gehört Cordovado zu den schönsten Dörfern Italiens. Historienliebhaber halten Ausschau nach der „Palio dei Rioni“, einer jährlichen geschichtlichen Gedenkfeier.
Tipp 3: Fagagna mit Störchen und Eseln
Nordwestlich von Udine schmiegt sich Fagagna auf die sanften Hügel des Umlandes. Von den Einheimischen wird es auch oft als „Dorf des weißen Storches“ bezeichnet, dessen Wiederansiedlung in der angrenzenden Naturoase Quadris angelaufen ist. In der Tat ist es eine Freude, den grazilen Paaren zuzusehen. Immer wieder sind Nester auf den Straßenlaternen zu entdecken. In unmittelbarer Nähe ist auch die Ciase Cocél, die das schwierige bäuerliche Leben von damals mit all seinen Facetten darstellt. Tipp: Das Gemeindehaus besichtigen. Im unteren Stockwerk ist eine sehenswerte Loggia aus der Rinascimento-Zeit. Wer im September in Fagagna vorbeikommt, kann dem traditionellen Esellauf „Corse dai Mus“ beiwohnen.
Tipp 4: Palmanova mit Struktur
Es gilt als eines der bedeutendsten Modelle moderner Militärarchitektur: Palmanova. Nicht nur Architekten haben ihre Freude an der neunzackigen Sternform. Die strahlenförmig angeordnete Struktur zieht einen sofort in ihren Bann, davon sind Urlauber überzeugt. Drei massive Einlasstore gewähren Zugang und geben den Blick in Richtung des zentralen Hauptplatzes frei. Beeindruckend ist dabei die Symmetrie und Sichtweite. Was viele nicht wissen: Die Stadt wurde von der Republik Venedig gegründet! Umgeben ist die Meisterleistung der Planung von Bäumen, Bächen und jeder Menge Natur. Seit 2017 würdigt die UNESCO den ehemaligen Verteidigungsbau mit einem Eintrag als Weltkulturerbe.
Tipp 5: Plodn reden in Sappada
Wenn Kuhglocken läuten und aufwendig geschmückte Tiere durch die Straßen gehen, dann sind Entdecker wohl in Sappada gelandet. Zwei Tage lang ist der Almabtrieb ein großes Fest. Umzug, Viehwirte, kostümierte Darsteller und Folkloregruppen inklusive. Liebevoll als Sappamukki benannt. Abseits dieser kulturellen Pflege verzaubert der Ort mit grünen Feldern, kristallklarem Wasser aus den Gebirgsbächen und herrlichem Holzduft aus den angrenzenden Feldern. Und im Winter? Mit dem Schneepark Nevelandia, Geocaching und Sleddog finden Familien jede Menge Spaß vor. Nettes Detail: Sappada wird im Dialekt „Plodn“ genannt. Liegt es doch in einer germanischen Sprachinsel im oberen Piavetal.
Tipp 6: Gradisca d’Isonzo und seine edlen Weine
Zahlreiche Restaurants und Einkehrstellen, raffinierte Winkel mitsamt lieblichen Bänken, Torbögen zwischen gemütlichen Cafés. Ein Hauch von Eleganz liegt über Gradisca d’Isonzo, dass sich selbst als „Salon mit mitteleuropäischem Flair mitten im Grünen“ sieht. Die Altstadt zeigt sich hier als besonderes architektonische Gut, das vor allem von dem Geschlecht der Eggenbergs geprägt wurde. Das Aushängeschild schlechthin ist die fein sortierte Weinkultur, deren Blüte den geografischen Taktgebern zu verdanken ist. Die edlen Isonzo-Tropfen sind international begehrt und haben in der Ortschaft eine wohlbehütete Heimat. Ein Besuch in den regionalen Önotheken ist ein Muss. Ein Gaumenschmeichler wartet!
Tipp 7: Sesto al Reghena – verwunschene Geschichte
Die Urne der Heiligen Anastasia. Geschichtsinteressierte spitzen bei diesem Namen die Ohren. In der Krypta Vesperbilt aus dem 15. Jahrhundert wird diese Kostbarkeit aufbewahrt und ist eines der Markenzeichen von Sesto al Reghena. Das hat auch einen Grund. Seine größte Entwicklung erfuhr das Dorf nämlich mit der Gründung einer Benediktinerabtei im 8. Jahrhundert. Wie eine Burg sieht sie aus, auch ein zugehöriger Graben ist mit dabei. Direkt vor dem sakralen Bau ist der Gemeindepalast zu bewundern, der heute das Sekretariat beheimatet. Etwas verwunschen prangt auch der Glockenturm im Sichtfeld der Besucher. Mit einer geführten Besichtigung kann sich auf die Fährte von damals begeben werden. Einzelpersonen nehmen die kostenlosen Audioguides.
Tipp 8: Romantisches Strassoldo
Es gilt als Wiege der gleichnamigen Patrizierfamilie. Strassoldo in der Gemeinde Cervignano del Friuli ist gesegnet mit einer mittelalterlichen Faszination und Spuren des großen Handelsgeschlechts. Etwa das Castello di Sopra. Umgeben von einem jahrhundertealten Park, ist das sogenannte „Wasserschloss“ gerahmt von kristallklaren Quellwasserläufen. Unbedingt die Magnolia Passiflora aus dem 14. Jahrhundert ansehen, diese ist zauberhaft! Über die alte Porta Cistigna gelangen Neugierige schließlich zur Castello di Sotto, der unteren Burg. Doch nicht bevor bei der alten Mühle eine kurze Pause eingelegt wird. So macht Lustwandeln Freude! Wenn noch Zeit bleibt, ist ein Spaziergang durch den langen Magnolienweg zur Villa Vitas der perfekte Ausklang.
Tipp 9: Unbekanntes Toppo
Bereits aus acht Steinhöfen bestand das Dorf Toppo im Jahre 1220. Nur wenige Jahrhunderte später wurde einer davon zum herrschaftlichen Landsitz umgewandelt, dem Palazzo Toppo Wasserman. Historiker bezeichnen ihn als den wichtigsten Ausgangspunkt der Ortsentwicklung. Heute können Pedalritter von der Hauptstadt Travesio nach Toppo radeln, um diese Geschichte hautnah zu erleben. Die Überreste einer mittelalterlichen Burg lassen ebenfalls erahnen, wie die Festungen in Friaul in ihrer Blütezeit ausgesehen haben. Eine schöne Tour, bei der man sofort ins Schwärmen gerät. Kein Wunder, so soll auch der Graf von Spilimbergo gern gesehener Gast im Sommer gewesen sein. Tipp: Die alte Pfarrkirche San Pietro besichtigen!
Tipp 10: Valvasone
Sie ist eine ganz besondere Kostbarkeit, die tragbare Orgel aus dem 17. Jahrhundert. Die Kirche der drei Heiligen Pietro, Paolo und Antonio Abt ist Hüterin dieser eleganten Einfachheit und Mittelpunkt in Valvasone. Sie ist nicht das einzige Musikinstrument in dem Ort. Der Dom SS.mo Corpo di Cristo beherbergt seinerseits eine meisterhafte Kirchenorgel, die heute noch als das einzige Beispiel für die venezianische Orgelbauerkunst aus dem 16. Jahrhundert in Italien gilt. Liebhaber sakraler Musik werden sich sofort wohlfühlen. Die Gotteshäuser waren aber einst auch Krankenhaus, später geschätzte Unterkunft für Pilger und Wanderkaufleute. Wer noch mehr in sich gehen möchte, spaziert entlang des Kreuzgangs des ehemaligen Servitenklosters.
Tipp 11: Venzone – Ort der Mumien
Kenner bestätigen, Venzone ist wohl das am besten erhaltene gefestigte Burgdorf in Friaul Julisch-Venetien. Architektonisch und künstlerisch behutsam nach einem Erdbeben renoviert, lassen auch hier drei große Eingangstore Besucher in die Gassen. Blickfang ist dabei die Porta di San Genesio, die noch ihren imposanten Wachturm besitzt. Raffiniert werden in Venzone die Linien in Richtung des gotischen Dom Sant’Andrea Apostolo geleitet, der in unmittelbarer Nähe des Gemeindepalastes seine Spitze in den Himmel erhebt. Es lohnt sich jedoch auch, am Palast stehen zu bleiben. Bildschöne Loggia mit Fresken des rinascimentalen Malers Pomponio Amalteo und ein Bassrelief mit dem Löwen des Heiligen Markus sind wahre Hingucker. Und der Palazzo Orgnani-Martina? Ein Fundstück für Fans des Adels.
Tipp 12: Sonnenuntergänge in Poffabro
Das Dorf der gehauenen Steine und Balkone aus Holz. Ein wenig mystisch klingt die Beschreibung von Poffabro in den Geschichtsbüchern. Den einfachen Elementen wohnt eine Energie inne, die man erlebt haben muss. Dem Freilichtmuseum im Herzen des Val Colvera verleihen die langen Häuserreihen etwas Andächtiges. Immer in perfekter Harmonie mit der Natur, so scheint es. Am Fuße des Monte Ràut machten schon die römischen Händler halt, wenn sie auf dem Weg nach Julia Concordia waren. Damals wie heute sind es wahrscheinlich die Sonnenuntergänge, die den Ort regelmäßig in ein Licht des Übergangs tauchen. Einem Übergang von Vergangenheit in die Gegenwart. In der Tat eines der schönsten Dörfer Italiens.
Tipp 13: Natur erleben in Polcenigo
Unweit von Pordenone gelegen, hält Polcenigo einen ganz speziellen Platz in seinen Reihen. Kein geringeres als das Museum der Kulinarischen Kunst hat hier nämlich seinen Sitz. Zu Ehren der italienischen Köche, die in die Welt gezogen sind. In Reichweite ist auch der Wald des Cansiglio und die unwiderstehlichen Quellen des Gorgazzo, die alleine schon eine Reise wert sind. Überhaupt hat die Natur in der Ortschaft einen großen Stellenwert. Etwa die Dreifaltigkeitskirche, die sich in der magischen Kulisse der Quelle des Flusses Livenza erhebt. Ganze nahe ist auch der „Europark“ von San Floriano zu finden, ein Park des Landlebens mitsamt Flora und Fauna. Kultureller Tipp: Das Volksfest der Körbe, das immer Anfang September stattfindet.
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Text: Wolfgang Hoi. Fotos: Anita Arneitz.
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