Klagenfurts Sehenswürdigkeiten: Unterwegs mit dem Nachtwächter

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Der Nachtwächter von Klagenfurt entführt für ein paar Stunden in eine Welt voller Magie und geheimnisvoller Geschichten. Ein Erlebnis mit Gänsehaut und Klagenfurts Sehenswürdigkeiten.

Die Skiunterwäsche zahlt sich aus bei der Nachtwächter-Führung durch Klagenfurt. Nicht nur die Geschichten aus dem Mittelalter lassen einem Schauer über den Körper laufen, auch der klirrend kalte Wind und Temperaturen bis zu Minus acht Grad. Trotzdem versammeln sich pünktlich um sieben Uhr abends neugierige Menschen rund um den Herzog-Bernhard-Brunnen, um den Nachtwächter zu lauschen und durch die Finsternis zu folgen.

Die Kulisse für den Ausflug in die Vergangenheit ist im Winter perfekt: Der frisch gefallene Schnee setzt dem Lindwurm ein weißes Häubchen auf und verleiht weihnachtlich beleuchteten den Renaissancebauten zusätzlich Romantik. Die Menschen haben sich in die warmen Stuben zurückgezogen. Nur die moderne Konkurrenz vom Nachtwächter – der Sicherheitsdienst – zieht seine Runden durch die Gassen.

Wir schließen die Augen und stellen uns vor, wie die Stadt früher einmal war. Ohne die Häuser bis hinaus zum See. Ohne elektrische Beleuchtung. Mitten im Sumpf, umgeben von einer sechs Meter hohen Mauer aus Stein.

Klagenfurter Landhaushof im Winter: einfach zauberhaft, Foto Anita Arneitz
Klagenfurter Landhaushof im Winter: einfach zauberhaft, Foto Anita Arneitz

Eintauchen ins Mittelalter mitten in Klagenfurts Altstadt

Sind die weißen Punkte Schimmel? Im Mittelalter wahrscheinlich schon. Heute ist es der durchgeschnittene Hafner. Nachtwächter Horst Ragusch reicht uns zur Begrüßung ein Stück Brot mit Salz. Das hat lange Tradition in den slawischen Ländern und soll zeigen, dass wir als Gäste herzlich willkommen sind. „Jetzt bitte kurz die Augen schließen, damit die Magie beginnen kann“, weist der Nachtwächter an. Sofort fokussieren sich die Ohren auf die Stimme des Nachtwächters und lauschen fasziniert seinen Geschichten.

Bei den Führungen trägt er ein typisches Nachtwächter-Gewand mit Umhang, Hut, Laterne mit Scheiben aus geschabtem Tierhorn, Signalhorn und Hellebarde. Letzteres ist eine spezielle Lanze. Im Mittelalter sorgte der Nachtwächter in den Abendstunden für Sicherheit in der Stadt. Er entzündete die Lichter und zeigte die Stunden an. Deshalb wurde er auch Stundenrufer benannt. Im Mittelalter war der Tag durch das Läuten der Glocken strukturiert, es gab erst ab dem 17. Jahrhundert Uhren auf den Kirchtürmen. Außerdem warnte der Nachtwächter unten vor Bränden, während die Türmer von oben Ausschau nach Feuer und Feinden hielten. In Klagenfurt verkörpert der Historiker Horst Ragusch beide Figuren.

Tagsüber erzählte er viele Jahre über den Stadtpfarrturm, abends führt er noch heute durch die finsteren Gassen zu Klagenfurts Sehenswürdigkeiten. Immer wieder schließen sich Menschen unterwegs der Gruppe an und folgen dem Schein der Laterne. Die Szenerie ähnelt ein wenig dem Rattenfänger. Nur werden die Menschen statt der Flötenklänge vom Laternenlicht und den Geschichten angelockt. Wie seine historischen Vorfahren erlebt der Nachtwächter daher die skurrilsten Begegnungen unterwegs und kommentiert die Erlebnisse mit viel Humor: „Für den Job braucht man eben gute Nerven.“

Ausrüstung vom Nachtwächter in Klagenfurt, Foto Anita Arneitz
Ausrüstung vom Nachtwächter in Klagenfurt, Foto Anita Arneitz

Zauber des Zuhörens: Nachtwächterführung am Wörthersee

Wörtherseemandl, Stadtbefestigung um den Alten Platz, Badgasse, Landhaushof. Als Einheimische kenne ich die Orte gut, zum Teil auch ihre Geschichte. Und trotzdem schafft es der Nachtwächter immer wieder Neues zu erzählen. Mal ernst und nachdenklich, mal unterhaltsam und lustig. Wie er das schafft, frag ich ihn. „Bei jeder Führung fließen jene Geschichten ein, die mir die Menschen über den Ort erzählen. Am Ende ist das, was ich wieder gebe, das gespeicherte und geteilte Wissen der Stadt.“ Das Mittelalter hört sich im ersten Moment weit weg an. Doch es stecke in den Menschen noch viel an Mittelalterlichkeit. „Wir teilen die Welt in Gut und Böse – und gehen schnell in ein Gegeneinander. Das ist unnötig. Die Lösung ist immer in der eigenen Selbstreflexion zu finden. Deshalb sollten wir lieber zuhören als verurteilen. So können wir Wissen bewahren.“

Er will bei seinen Führungen den Menschen mehr als historische Fakten mit auf dem Weg gehen. „Ich will die Vielfalt des Lebens zeigen und setze mich für einen respektvollen Umgang miteinander ein.“ Ragusch lebt Erinnerungskultur und engagiert sich im Mauthausen Komitee Kärnten. Erinnern ist für ihn ein Wachstumsimpuls. „Ich kann bei meinen Führungen zeigen, wie Menschen an Krisen wachsen und trotz widriger Umstände ihre Wirkmächtigkeit entwickeln, wenn sie in ein Miteinander gehen.“ Bei der Arbeit mit Jugendlichen hat er gesehen, wenn Menschen an die dunkelsten Stellen der eigenen und kollektiven Geschichte gehen, werden sie offener für das Leben, kreativer und haben mehr Vertrauen in sich. „Schon als Bub wollte ich Historiker werden, weil ich davon überzeugt war, wenn ich weiß, wo ich komme, dann weiß ich auch wo hin ich will.“

Nachtwächterführung in Klagenfurt, Foto Anita Arneitz
Nachtwächterführung in Klagenfurt, Foto Anita Arneitz

Klagenfurts Sehenswürdigkeiten und dunkle Orte

Der Name Klagenfurt deutet auf die geografische Lage der beginnenden Stadt hin. Immer wieder trat der Fluss Glan über die Ufer und überschwemmte den Markt. Männer mit ihren schweren Fuhrwerken watet kniehoch durch das Wasser und ertranken häufig am Weg. Es gab damals keine Brücke, sondern nur eine seichte Stelle – die Furt. Deshalb wurde die Stadt im 13. Jahrhundert auf eine erhöhte Schotterinsel im Sumpf verlegt. Das ist der heutige Alte Platz.

Nach dem großen Brand 1514 blieb vom mittelalterlichen Klagenfurt nicht übrig. Schließlich wurde Klagenfurt zur einzigen geplanten Renaissancestadt in Österreich. Trotzdem finden sich in der Stadt einige dunkle Orte. Neben dem Bernhard-Brunnen stand ein Käfig mit Gitterstäben, auf dem Gelände eines beliebten Fastfoodrestaurants der Galgen.

Jahrhunderte später wurde der Burghofkeller des jetzigen Museums für moderne Kunst Kärnten von der Gestapo als Folterzentrale genutzt. „Wenn ich dort am Kellerabgang stehe, läuft mir noch immer ein kalter Schauer über den Rücken“, erzählt der Nachtwächter. Aber je öfter man zu solchen Orten gehe und über die Geschichte spreche, desto mehr heile der Ort. „Dunkle Orte können zu Bildungsorten werden und ihre Energie wandeln.“ Deshalb sollte nicht über Geschichte geschwiegen werden.

Alter Platz in Klagenfurt im Winter, Foto Anita Arneitz
Alter Platz in Klagenfurt im Winter, Foto Anita Arneitz

Tipps für den Klagenfurt Besuch im Winter

Bei Tag hinauf auf den Stadtpfarrturm

225 Stufen sind es hinauf auf die Aussichtsplattform des renovierten Stadtpfarrtums. Die Anstrengung lohnt sich: Hier gibt es einen der schönsten 360-Grad-Blicke über Klagenfurt.

Warum Klagenfurt eine Reise im Winter wert ist

Klagenfurt am Ostufer des Wörthersee ist Kärntens größte Stadt und zählt etwas über 100.000 Einwohner. Die Altstadt mit ihren weitläufigen Plätzen sowie Österreichs erster Fußgängerzone ist geprägt von Barock- und Renaissancebauten italienischer Baumeister. Mit zahlreichen Cafés, Gastgärten, Shops – und im Winter mit Glühweinständen und Adventmärkten – bietet sich die Innenstadt mit dem Lindwurm als Wahrzeichen zum Bummeln an.

Nachtwächterführungen in Klagenfurt

Als Austria Guide bietet Horst Ragusch Nachtwächter-Führungen durch Klagenfurt an. Gelebte Erinnerungskultur sind seine Touren zu den Stolpersteinen, die an die Opfer des Holocaust erinnern. Termine und Anmeldung entweder online über www.visitklagenfurt.at oder telefonisch unter +43 650 2424555.

Ein Original: Horst Ragusch als Nachwächter in Klagenfurt, Foto Anita Arneitz
Ein Original: Horst Ragusch als Nachwächter in Klagenfurt, Foto Anita Arneitz

Gilde der Nachtwächter, Türmer und Figuren

Als der südlichste Nachtwächter Österreichs gehört Horst Ragusch wie 240 andere Kollegen aus dem deutschsprachigen Raum zur Gilde der Nachtwächter, Türmer und Figuren. Jeder Nachtwächter ist tief in seiner Stadt verwurzelt und ein Original für sich. www.nachtwaechter-gilde.de

Kulinarische Touren zu Klagenfurts Sehenswürdigkeiten

Stadtführungen mit kulinarischem Schwerpunkt oder unterhaltsame Rätselrallyes für Groß und Klein organisiert Austria Guide Astrid Legner das ganze Jahr über. www.tour-genuss.at

Buchtipp: Winter in Kärnten erleben – auch abseits der Pisten

Der Beitrag erschien das erste Mal in meinem Buch „Winterzeit in Kärnten“. Darin findest du noch mehr tolle Ausflugstipps für Kärnten – abseits der Pisten. Bei jedem Wetter. Alle Fotos: Anita Arneitz

Winterzeit in Kärnten: Tipps für den Winterurlaub in Kärnten
Winterzeit in Kärnten: Tipps für den Winterurlaub in Kärnten

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