Bist du bereit für die Kälte? Eisschwimmen am Wörthersee. Trendsport und Mutprobe. Was du über das Schwimmen im Winter wissen solltest.
„Es ist kalt. Und wenn der Wind geht ist es arschkalt.“ Trotzdem trifft sich ein Grüppchen mutiger Menschen immer Sonntag Vormittag im Strandbad, um im See zu schwimmen. Speziell in den Wintermonaten. Denn Baden im Sommer kann ja jeder. Aber bei Minusgraden abzutauchen erfordert doch etwas Überwindung – und den Beistand der Gruppe. Der eine braucht ein paar Minuten länger, um Stufe für Stufe ins dunkle Wasser hinab zu steigen. Der andere macht kurzen Prozess und ist schnell wieder draußen am sonnigen Steg.
Rund um den Wörthersee werden die Eisschwimmer immer mehr. Inzwischen gibt es in den Wintermonaten in den Ortschaften Schwimmtreffs, denen sich auch Spontanentschlossene oder Neulinge anschließen können. Klagenfurt, Krumpendorf und Velden zählen zu den Hotspots. Für die meisten steht der Genuss im Vordergrund. Sogar beim gemeinsamen Neujahrschwimmen. Wer das sportliche Extrem sucht, nimmt am offiziellen Sportevent im Feber teil. Allerdings ist dieser Wettbewerb definitiv nichts für Warmduscher.
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Das große „Schebern“ am Steg im Klagenfurter Strandbad
Der Blick schweift über den See bis hinauf zum Pyramidenkogel und dem Wolkenspiel am Horizont. Die Enten haben längst Platz gemacht. Sie kennen das Prozedere am Sonntag Vormittag bereits. Die Hände umfassen rechts und links das Geländer. Ausatmen. Nicht lange nachdenken. Einfach ins Wasser gehen. Zentimeter für Zentimeter. Kalt, kalt, kalt. Manchmal gelingen ein oder zwei Schwimmzüge, manchmal taucht der Körper mit Ach und Krach bis zu den Schulter ein. Vieles hängt von der eigenen Tagesverfassung ab. „Jedes Wochenende stehst du wieder bei Null“, lacht Personal Trainerin Anna Pabel aus Klagenfurt. Seit vier Jahren geht sie von Oktober bis April einmal in der Woche in den kalten Wörthersee schwimmen – und macht es mit ihren motivierenden Art auch den anderen leicht.
„Eisschwimmen ist für jeden möglich“, ist sie überzeugt. Sie selbst kennt die Wintersportart bereits aus ihrer Kindheit. In einem kleinen Dorf in den Bergen des Kaukasus wurde Anna in Russland geboren. Mit zwei Jahren zog sie mit ihren Eltern zuerst nach Tadschikistan und dann in die Ukraine. Schon immer liebte sie die Bewegung in der Natur. Seit 2001 gibt sie die Freude am Sport in ihrer Wahlheimat Kärnten als Personal Trainerin an andere weiter. Dazu gehört die Begeisterung fürs Eisschwimmen. „Am Anfang bin ich alleine zum See gegangen. Das war schwierig. In der Gruppe macht es einfach viel mehr Spaß und es fällt leichter in eine Routine zu kommen“, erzählt sie. Tatsächlich wird von der Begrüßung bis zur Verabschiedung viel gescherzt und gelacht. „Es ist so eine Gaude“, bestätigt einer der Eisschwimmer.
Überraschende Empfindungen beim Eisschwimmen im Wörthersee
Immer wieder bleiben Spaziergänger mit ihren dicken Daunenjacken stehen und schütteln den Kopf, wenn sie die Gruppe in Badesachen am Steg sehen. Nicht selten hat die Lufttemperatur Minusgrade. Das Wasser selbst hat im Dezember noch relativ warme sechs Grad, im Jänner sinkt die Temperatur schon mal auf zwei Grad. Obwohl draußen Minustemperaturen herrschen, fühlt sich das Wasser kälter an. Das liegt daran, dass die beiden Elemente Luft und Wasser unterschiedliche Moleküle haben. Nach dem ersten Wassergang wird die Haut rot und manche empfinden Hitze.
Minutenlang können dann die Eisschwimmer am Steg in der Sonne stehen, ohne dass es sich kalt anfühlt. Nach dem zweiten und dritten Mal eintauchen brennt die Haut. Als Schutz vor der Kälte beginnt der Körper die Muskeln anzuspannen und zu entspannen. Das Zittern setzt ein. „Das ist nach dem Schwimmen absolut in Ordnung“, beruhigt Anna. Mit bewusstem Atmen kann das Zittern wieder unter Kontrolle gebracht werden. Eingewickelt in einem Badetuch stehen die Eisschwimmern bibbernd am Steg und trinken einen Tee. Oft bringt jemand einen Kuchen oder eine Torte mit. Zum Feiern gibt es immer etwas. Dabei kann es schon passieren, dass die Hand so stark zittert, das die Gabel gar keinen Bissen zu fassen bekommt. Nach ein paar Minuten wird es besser.
Von Wärme und Glück nach dem Eisbad
Auf den Körper hat der „Kälteschock“ unterschiedliche Wirkungen: Das Immunsystem wird gestärkt, die Durchblutung und Leistungsfähigkeit gesteigert. Der Körper lernt sich schneller zu regenerieren, was Sportler besonders schätzen. „Die Einstellung zur Kälte ändert sich. Man wird weniger empfindlich“, weiß Anna aus eigener Erfahrung. Und auch psychologisch passiert dabei viel. Adrenalin und Glückshormone werden frei gesetzt. Vor dem Schwimmen wärmt Anna sich bei einer Laufrunde auf und nimmt sich danach ausreichend Zeit fürs langsame Warmwerden. „Auf keinen Fall gleich danach unter die heiße Dusch“, warnt die Personal Trainerin. Lieber eine Tasse Tee und eine warme Decke schnappen und es sich am Sofa gemütlich machen.
Was Eisschwimmer im Wörthersee alles brauchen
Die Technik zum eleganten Umziehen direkt am Steg, können sich Neulinge bei den anderen abschauen. In jedem Fall hilft dabei ein extra großes Badetuch. Unbedingt mitnehmen: warme, bequeme und kuschelige Bekleidung. Der Dresscode beim Eisschwimmen selbst, heißt dunkelfarbige Badehose oder Badeanzug. Mit ein paar Neoprensocken und Handschuhen wird der Einstieg erleichtert. Es geht auch ohne. Und für trockene oder lange Haare bewährt sich die altmodische Schwimmhaube, die danach gegen die Wintermütze getauscht wird. Der eine oder andere hat sogar einen Handwärmer zum Knicken in der Jackentasche versteckt. Weiters sollte unbedingt eine Thermoskanne gefüllt mit Tee mit zum See. Wer weiter hinaus schwimmt, tut das immer mit einer Schwimmboje zur eigenen Sicherheit.
Personal Trainerin Anna hat zu jeder Zeit ein Auge auf ihre Schwimmer. Wobei es bei ihr weniger um Distanz oder Leistung geht, sondern vielmehr um das eigene Zutrauen und den Genuss. „Es ist vollkommen okay, wenn jemand bei den ersten Malen nur bis zum Knie oder Oberschenkel ins Wasser kommt“, sagt Anna. „Jede Berührung mit dem kalten Wasser gibt einem ein Gefühl der Stärke.“ Und weil Regelmäßigkeit die Königsdisziplin ist geht es immer dreimal ins Wasser – und wenn es nur für ein paar Sekunden ist.
Zu Hause aufs Eisschwimmen vorbereiten
Du möchtest das Winterschwimmen selbst gerne ausprobieren? Dann kannst du zu Hause ein wenig üben. Stell dir einen Kübel mit Wasser auf Balkon oder Terrasse und tauche zwischendurch immer wieder mal die Füße rein. Manche haben sogar schon ein Fass mit Eiswasser im Garten stehen. Barfuß über den Schnee laufen geht natürlich auch.
Eisschwimmen im Strandbad Klagenfurt
Von Oktober bis April begleitet Personal Fitness Trainerin Anna Pabel jeden Sonntag Vormittag Winterschwimmer und solche, die es noch gerne werden wollen. Gemeinsam geht es zum Steg ins Strandbad Klagenfurt, wo jeder drei Schwimmvorgänge absolviert. Auch Gäste können sich gerne anschließen. Einfach nur einen Tag vorher direkt bei Anna anmelden. Treffpunkt ist um 10 Uhr direkt am Parkplatz beim Strandbad. Wer möchte, kann sich vorab zu einer Laufrunde mit der Personal Trainerin melden.
Neujahrsschwimmen in Velden
Am 1. Jänner findet in Velden am Wörthersee seit zwölf Jahren ein Neujahrsschwimmen mit über 100 Teilnehmern statt, organisiert vom Verein „Sport am Wörthersee“.
Wettbewerb Eisschwimmen im Wörthersee
Im Feber treffen sich internationale Winterschwimmer zum Kräfte messen in Krumpendorf. Auch für die Zuschauer ein Erlebnis!
Buchtipp: Winter in Kärnten erleben – auch abseits der Pisten
Der Beitrag erschien das erste Mal in meinem Buch „Winterzeit in Kärnten“. Darin findest du noch mehr tolle Ausflugstipps für Kärnten – abseits der Pisten. Bei jedem Wetter. Alle Fotos: Anita Arneitz
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