Vom Drautal bis in das Gegendtal, vom Wöllner Nock zum Klagenfurter Becken, angrenzend an Slowenien und Italien sind die Flächen des Villacher Forstes eindrucksvoll. Unterwegs mit einem Bezirksforstinspektor.
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Stippvisite klimafitter Wald
Wuchtige Bäume, zauberhafte Lichtungen, intensiv duftende Rinden und Unterhölzer. In stillen Momenten kann man es hören, das beinahe Majestätische und Erhabene in den Kronen hoch oben. „Man soll unbedingt Respekt haben vor der Natur. Die zeigt, inwieweit der Mensch gehen kann oder darf“, sagt Peter Honsig-Erlenburg, als er die Hand an einen der Stämme legt. Der Bezirksforstinspektor von Villach hat die Oberaufsicht über mehr als 80.000 Hektar Wald.
Die „wüchsige“ Region besitzt eine der besten Waldbonitäten in Österreich. Im Durschnitt zehn Festmeter pro Jahr und Hektar. Umgeben von Aussichtspunkten ins Drautal, Gegendtal, Wöllner Nock zum Klagenfurter Becken hin und den Karawanken in Richtung Slowenien. Es ist wieder spürbar mehr geworden, das Interesse an dem ganz besonderen Teil der Landschaft. „Das wird sich auch in Zukunft steigern, weil der Wald nicht nur Lebensraum und nicht nur jetzt Erholungsraum ist, sondern vor allem auch das Klima eng damit zusammenhängt.“ Viele Menschen leben von der Vielfalt des Waldes und seinen Produkten. Zudem ist er auch ein Sicherheitsfaktor gegenüber Launen des Wetters, nicht nur in den alpinen Bereichen.
Weg von der Fichte, hinzu …
„Wie ich da vor über 30 Jahren hergekommen bin, man hat da immer von der Fichte als Hauptbaumart, der Brotbaumart gesprochen“, erinnert sich Honsig-Erlenburg. Sie hat als ertragreich gegolten, wurde beinahe zur Monokultur. Heute wird sie eher als „Notbaumart“ bezeichnet, die „in tieferen Lagen eigentlich gar nicht hingehört“. Mehr auf die Natur und Umwelt zu hören und diese zu pflegen, ist auch in Kärnten ein großes Thema. Das Europaschutzgebiet „Villacher Alpe“ mit Natura 2000, ein Vorzeigeprojekt. „In Villach arbeiten wir mit dem Naturschutz sehr gut zusammen.“ Natürlichen Waldgesellschaften wird wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das sind jene Baumartenverteilungen, die sich ohne Einfluss des Menschen ausbilden würden. Sie werden vor allem durch das Klima und die Konkurrenz der unterschiedlichen Baumarten untereinander bestimmt. Honsig-Erlenburg: „Man braucht nur nach der Natur arbeiten.“
Was sich einfach anhört, ist trotzdem recht schwierig in der Umsetzung. Unterschiedliche Waldbesitzer und Regelungen unter einen Hut zu bekommen, ein kaum machbares Unterfangen. „Ich habe noch vier Förster. Und jeder Förster hat zirka 20.000 Hektar zu beaufsichtigen. Das sind so die letzten Bindeglieder zwischen der Natur draußen und den Behörden“, zeichnet der Bezirksforstinspektor die Situation. Dabei ist das Forstgesetz „so ein bisschen die Bibel“ nach der gehandelt werden muss. Naturschutzgesetz, Jagdgesetz, Forstschutzmaßnahmen mit eben den hiesigen Waldgesellschaften, „diese Dinge spielen alle immer eine größere Rolle.“
Klimafit für Generationen
Durch die Wandlung des Klimas sind die Baumarten und deren Widerstandsfähigkeit aber sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, wie eben auch die Fichte mit ihrem Stand als Flachwurzler. Stürme, Schneebrüche und der wärmebedingte Befall mit dem hartnäckigen Borkenkäfer. „Im Hitzejahr 1992 haben wir plötzlich 100.000 Festmeter Borkenkäferholz gehabt.“ Vor Jahrzehnten sind für die Fichtenpflanzung Förderungen ausgeschüttet worden. Wie in der „Dobrowa“, das aus dem Slowenischen übersetzt Eichenwald heißt, dort aber vermehrt hauptsächlich Fichte und Kiefer beherbergt. Zuschüsse gab es auch für Entstaudungen. „Das zeigt schon, dass der Mensch sehr, sehr viel verändert hat“, gibt Honsig-Erlenburg zu denken. Heute ist das anders.
Im Jahre 2015 hat es im Raum Villach einen verheerenden Hagelschlag gegeben, welcher mehr als 200 Hektar Waldfläche zu Boden gelegt hat. Alles Kieferbestände und Fichtenbestände. Gemeinsam hat man die Folgen des Unwetters aufgearbeitet und den Gedanken der Nachhaltigkeit Vorrang gegeben. Mit dem Ziel, den Wald klimafit zu machen, auch für die nächsten Generationen. 120.000 Bäume, hauptsächlich Laubholz wie Eiche, Ahorn, Buche, Hainbuche, Kirsche und mehr wurden gesetzt, die eine rasche Wiederbewaldung garantieren. Kreisläufe, Wasserkreisläufe und Bindung von Kohlenstoff als wesentliche Komponenten, die natürliche Waldgesellschaft im Blick. „Weil alles, was ich heute setze, das ernte ich erst in 50, 70, 80 Jahren oder noch länger.“ Es handelte sich dabei um eines der größten Laubholzprojekte in den letzten Jahrzehnten.
Langfristiges Mitdenken – klimafitter Wald
„Der Wald, das ist kein fixer Zustand, sondern ist ein permanenter Prozess“, weiß der Naturkenner.
Darum ist auch ein langfristiges Mitdenken gefragt. Gemeinsam mit seinen Kollegen berät und empfiehlt er Waldbesitzern, laufende, aber auch zukünftige Pflege zu garantieren. Punktuell unterstützt werden sie durch Waldverbände, Waldwirtschaftsgemeinschaften und Waldpflegevereine. Das schließt Aufforstungen, Umgang mit Wild, aber auch Flächenwidmungen oder Kahlschläge aufgrund von Käferproblemen mit ein. Über raumplanerische Riesenfehler ärgert er sich dabei ganz besonders: „Bauten am Waldrand oder am Hangfuß müssen wegbleiben.“
Die Gefahren werden oft unterschätzt. Vor allem wenn es um Hangrutschungen geht: „Da fehlt einfach die Interzeption. Und wenn der Wald weg ist, logisch. Die Folge ist einfach, dass irgendwann einmal so viel Wasser zusammenkommt, dass es anfängt zu rutschen.“ Die Interzeption, also Fähigkeit Wasser noch vor dem Boden aufzunehmen, ist einfach das Rückhaltevermögen des Waldes. Eine gute und durchdachte Mischung des Forstes ist daher unabdingbar. „Man muss schauen, also wenn man Schutzwälder hat, dass man natürlich schon einen gewissen Anteil von Nadelholz drinnen hat.“ Damit die Villacher Region in ihrer Vielfalt mitsamt Bäumen wie der Hopfenbuche oder Manneresche auch zukünftig erhalten bleibt.
Der Beitrag über den klimafitter Wald entstand beim KLAR!-Workshop – Klimawandel-Anpassungsmodellregionen in Gödersdorf. In dieser Initiative stellen sich 23 österreichische Regionen den Folgen des Klimawandels im Rahmen des KLAR!-Programms. Fotos: Anita Arneitz.
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