Zum Ende der Fastenzeit werden im Lesachtal am Heiligen Abend Stockblattln aufgetischt. Das Rezept für die traditionelle Fastensüßspeise wird in den Familien von Generation zu Generation weitergegeben und ist mit einigen Ritualen verbunden.
Im naturbelassenen Lesachtal, einem Teil der weltweit ersten Slow-Food-Travel-Destination, können die Winter lang und hart werden. Bei starkem Schneefall sind die Bewohner noch heute oft tagelang von der Außenwelt abgeschnitten. Umso wichtiger sind in der Weihnachtszeit die Bräuche und Rituale innerhalb der Familien, die zusammenschweißen. Um sich auf die Geburt Christi vorzubereiten, wurde in der Adventzeit enthaltsam gelebt. Das letzte Mahl vor dem Heiligen Abend waren die Stockblattln.
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Familientradition in Kärnten
Die Stockblattln sind eine traditionelle Süßspeise, die aufwendig zu machen ist. Mitunter braucht es einige Stunden, bis das Stockblattl für die ganze Familie fertig ist. Die Rezepte variieren von Hof zu Hof und werden seit Generationen nur innerhalb der Familie weitergegeben. Gabi Windbichler vom Eggelerhof auf 1180 Meter Seehöhe dörrt dazu die Birnen aus dem Garten bereits im Herbst zu sogenannte „Kletzen“. Gemeinsam mit dem Mohn bilden diese das Herzstück der Füllung. Alle Zutaten werden selbst hergestellt oder kommen von einem Bauern aus der Umgebung. So wird zum Beispiel das Getreide fürs Mehl im Tal angebaut und in der alten Mühle gemahlen. Schließlich galt das Lesachtal als Tal der 100 Mühlen.
Regionale Produkte aus dem Lesachtal
Wir alle sind Naturmenschen und wollen die Lebensqualität für unsere Kinder erhalten“, sagt Gabi Windbichler.
Mit ein Grund, warum gerade zur Weihnachtszeit die alten Traditionen wie das Stockblattl-Essen gepflegt werden. Pro Familienmitglied wird ein Blattl gebacken. Je höher der Stock am Ende ist, desto größer ist die Familie. Vor dem Mittagessen werden die Stockblattln mit Weihrauch geräuchert und das Essen gesegnet. Besuch ist um diese Zeit nicht gern gesehen. Das geht auf einen Aberglauben zurück. Kommt beim Stockblattl-Essen unerwartet Besuch, sollte Unglück über die Familie herein brechen und im kommenden Jahr sogar jemand sterben. Deshalb bleibt im Tal jeder zu Hause und genießt die gemeinsamen Stunden mit seinen Lieben.
Wer unterwegs ist, achtet darauf, spätestens am Vormittag wieder daheim zu sein. „Auch wenn die Kinder noch so weit weg sind, zum Stockblattl-Essen sind alle wieder da“, erzählt Gabi Windbichler.
Im Sommer kocht die Lesachtalerin im Mühlenstüberl auf, das liegt direkt am Brot- und Morendenweg, der durch das romantische Obergail führt. Wer noch nie Stockblattln gegessen hat, bekommt hier welche zum Probieren – allerdings in einer kleinen Variante als Dessert.
Lesachtaler Stockblattln zum Nachmachen – ein traditionelles Rezept von Gabi Windbichler aus Obergail
Zutaten für eine Familie:
Teig:
500 g glattes Mehl
250 ml Milch
30 g Germ
1 Ei
1 Eidotter
60 g Zucker
60 g Butter flüssig oder Schweineschmalz
etwas Salz
etwas geriebene Zitronenschale
Öl zum Herausbacken
Zum Tränken:
250 ml Schwarztee
50 g Honig oder braunen Zucker
2 cl Rum
Zimtrinde und Nelken
Mohnfülle:
250 g gemahlener Mohn
zerkleinerte Kletzen (Dörrbirnen) nach Geschmack
50 g Zucker
200 g Milch
50 g Honig
80 g Karobemehl
2-3 EL Heidelbeermarmelade
Zimt
ein Schuss Rum
etwas geriebene Zitronenschale
Honigsoße:
250 ml Sauerrahm
2 EL Honig
etwas Schlag
Zubereitung:
- Aus den Zutaten für den Teig einen Germteig herstellen, diesen auswalken und kurz gehen lassen. Dann kreisförmige Blattln ausstechen. Vor dem Herausbacken in Öl den Teig in der Mitte etwas auseinanderziehen, damit die Blattln beim Backen nicht aufgehen, sondern schön flach bleiben. Im heißen Öl goldbraun backen. Die Temperatur darf nicht zu heiß und nicht zu kalt sein. Nach den ersten Versuchen hat man den Dreh raus.
- Schwarztee mit Zimtrinde, Nelken und Honig ziehen lassen. Rum dazugeben und die gebackenen Blattln darin tränken.
- Die Zutaten für die Fülle gut miteinander vermengen und einen guten Löffel davon auf das erste Blattln verteilen und Schicht für Schicht den Blattlstock in die Höhe wachsen lassen.
- Pro Kopf in der Familie wird ein Blattl gebacken. Je größer die Familie, desto höher werden die Stockblattln.
- Traditionell werden die Stockblattln am Heiligen Abend mit brauner Butter übergossen. Alternativ kann diese mit einer Honigsoße verfeinert werden. Dazu Butter mit 250 ml Sauerrahm und 2 EL Honig vermengen, kurz aufkochen lassen und abschließend etwas Schlag dazugeben, damit die Soße schön sämig wird.
Schritt für Schritt Anleitung in Bildern: Süßes zu Weihnachten
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Alle Fotos: Anita Arneitz. Der Beitrag erschien zuerst im Magazin Naturlust.
3 Comments
Das sieht so lecker aus. Werde das Rezept mal direkt ausprobieren und bin gespannt , ob mir das Rezept auch so schön gelingt. :)
Hallo Food Lover, ich wünsch dir gutes Gelingen! Vielleicht magst du uns ja kurz berichten, wie es euch geschmeckt hat … Liebe Grüße, Anita