Im Bergdorf Filzmoos fliegen im März wieder Tausende Schneebälle durch die Luft – unter den strengen Blicken der Schiedsrichter.
Go, go, go! Je sieben rote und blaue Helme stürzen sich auf die Schneeschaufel und packen die Schneeballpresse voll. Ein Kraftakt. Jeder Schneeball muss perfekt sein, sonst wird er von den strengen Schiedsrichtern bei der österreichischen Yukigassen Meisterschaft nicht abgenommen. Bereits zum zweiten Mal findet in Filzmoos auf dem Panoramaberg Rossbrand der sportliche Wettbewerb mit den strikten Regeln statt.

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Yukigassen in Filzmoos
Zwei Mannschaften aus je sieben Mitgliedern treten gegeneinander an. Das Spielfeld ist 10 x 36 Meter groß, darauf sind sieben Wände für die Deckung.Mit 90 Schneebällen soll in drei Minuten (ein Satz) der Gegner aus dem Feld geschossen oder seine Fahne erobert werden. Zwei gewonnene Sätze braucht es für den Sieg. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Drei Minuten Ausnahmezustand am Spielfeld
Ducken, robben, laufen, werfen. Nach einem Satz sind selbst die trainierten österreichischen Skilehrer fix und fertig. „Wenn du spielst, sind drei Minuten eine echt lange Zeit. Du musst jede Sekunde achtsam sein. Es könnte von irgendwoher ein Schneeball kommen“, sagt Ari Pöyliö, President Yukigassen federation of Finland (65). Er ist auch Mitglied des internationalen Verbandes und einer der Haupttrainer in Europa. Mit seinem Kollegen Leo Korhonen (68) reist er auch heuer wieder nach Filzmoos, um Peter Donabauer, dem Präsidenten des österreichischen Yukigassen Verbandes (57), zu unterstützen. In Finnland und anderen nordischen Ländern ist Yukigassen als Wintersport sehr beliebt. Jedes Jahr werden in Finnland die Europameisterschaften ausgetragen.

Schneeballlawine in Japan los getreten
Yeah, yeah, yeah. In Japan ist Yukigassen längst ein Kult. Es gibt über 2000-Yukigassen-Teams und zu den Turnieren strömen Tausende Zuschauer. Bereits 1988 wurde auf der InselHokkaido das erste Yukigassen-Turnier ausgetragen, 1992 gab es in Schweden den ersten Wettbewerb. Belgien, Australien, Kanada, USA, Russland, China und Thailand sind inzwischen auch im Schneeballfieber. Über Finnland fand der actionreiche Wintersport, bei dem jeder mitmachen kann, seinen Weg ins österreichische Filzmoos. Ausschlagend waren die Qualität des Schnees und die Schneesicherheit.

Die Kunst des perfekten Schneeballs
In Deckung! Bei den Meisterschaften kommen nur Schneebälle aus Naturschnee zum Einsatz. „Der Schnee darf nicht zu trocken und auch nicht zu nass sein“, sagt Pöyliö. Die Schneebälle müssen gut in der Hand liegen und dürfen im Flug nicht auseinanderbrechen. Für die einheitliche Größe von maximal 6,5 bis 7 Zentimeter Durchmesser sorgt eine eigens entwickelte Schneeballpresse, die rein mit Muskelkraft bedient wird und 45 Bälle auf einmal presst. Selbst wenn es im Tal wenig Schnee gibt, oben auf rund 1.700 Meter Seehöhe liegt in Filzmoos garantiert Naturschnee. „Wir sind ein richtiges Schneeloch. Jede Wolke aus dem Süden bleibt in den Berggipfeln hängen und sorgt verlässlich für Schnee von Weihnachten bis Mitte April“, sagt Donabauer. Die Pisten abseits vom Spielfeld werden zusätzlich beschneit.

Filzmoos als Yukigassen-Hotspot in den Alpen
Eiskalt erwischt. Die Premiere mit 64 Teams im vergangenen Jahr kam gut an – bei Einheimischen und Gästen. Abseits des Bewerbs darf sich jeder am Spielfeld versuchen. Während es beim Training recht locker zu geht, achten bei der Meisterschaft gleich sieben Schiedsrichter auf die Einhaltung der Regeln. Bei Bedarf teilen sie rote und gelbe Karten aus. Die Spielfeldlinien sind mit Farbe auf den Schnee gesprüht. Das Tragen von Helm und Schutzvisier ist Pflicht. Die Siegermannschaft darf bei der Europameisterschaft in Finnland teilnehmen. Eine Herausforderung ist der Nachschub mit Schneebällen: Zuwerfen wird als abgeschossen gewertet. Also muss der Schneeball den Teamkollegen händisch übergeben oder zu gerollt werden. Das ist die Gelegenheit für die Gegner, um zuzuschlagen und jemanden aus dem Feld zu schießen!

Frostige Fronten und zerkugeln vor Lachen
Nimm das du Schurke! Schlaue Teams haben Stürmer und Verteidiger, der Letztere sorgt für Schneeballnachschub von hinten. Bei so viel Action am Feld bleibt keine Zeit ums aufs Handy zu schauen. Die gute Laune ist ansteckend. Sobald sich ein paar Spieler am Feld verteilen, bleiben sofort erste Zuschauer stehen und fiebern mit. Innerhalb kürzester Zeit zieht jeder ein breites Grinsen auf. In Filzmoos sind die Finnen die Superhelden der Schneeballschlacht. Hingegen die Finnen blicken ehrfürchtig zu den Japanern auf: „Gegen die haben selbst unsere besten Spieler keine Chance. Es gibt immer jemanden, der besser ist als du“, so Leo Korhonen. Obwohl viele Teams in Finnland sogar in Hallen mit eigenen Indoor-Schneebällen aus Filz trainieren.

Wintersportart für Körper und Geist
Tarnen und täuschen. Schnelligkeit und Kondition ist das eine. Für Yukigassen braucht es aber noch mehr. Als Sportart vereint Yukigassen die Wurftechniken aus dem Baseball mit der Taktik aus dem Fußball. Auf der Sonnenterrasse der Schörgi Alm neben dem Spielfeld geht es bei einer „Heißen Witwe“, einem Pflaumenlikör mit Schlag, einer Suppe mit Kaspressknödel oder einem Kaiserschmarrn mehrsprachig um die Strategie fürs nächste Spiel.
Überraschende Überfälle, Lockvögel, Täuschungsmanöver, Fallen, trojanische Pferde und Schutz der Basis werden ausgetüftelt. Um Beweglichkeit und Kondition zu trainieren, nutzen die Yukigassen-erprobten Finnen die Langlauf-Höhenloipe, folgen den präparierten Winterwanderwegen auf de Hochplateau mit Rundumsicht auf Dachstein, Großvenediger, Hochkönig und Großglockner oder wedeln zwischen den Spielen die Piste hinunter ins Tal. Abends trifft man sich bei der Yuki-Party zum Feiern. Die Yukigassen-Bewerbe sind ein Mix aus Spaß und Ernsthaftigkeit.

Auf dem Weg zu Olympia
Wusch! Von hinten zischt ein Schneeball direkt beim Ohr vorbei und klatscht auf die Betonsäule. Überall anders würde jetzt eine Schimpftriade auf den kleinen Buben herunter prasseln. Nicht aber in Filzmoos. Blitzschnell drehen sich die Finnen um und werfen zurück. Die Einladung zum spontanen Match ist angenommen. Nicht nur die Kinderaugen strahlen vor Freude im Bergdorf der fliegenden Schneebälle. Seit 2013 ist die Sportart in einem Weltverband organisiert. Auch Filzmoos hat darin eine Stimme. Das große gemeinsame Ziel: Yukigassen als offizielle Disziplin bei den Olympischen Winterspielen etablieren.

Tipps rund um Yukigassen in Filzmoos
- Reiseziel: Filzmoos ist ein österreichisches Bergdorf auf rund 1.000 Meter Seehöhe in den Salzburger Bergen mit rund 1.500 Einwohnern. Vom Hochplateau Rossbrand gibt es einen schönen Rundumblick auf die mächtigen Gipfel von Dachstein, Bischofsmütze, Hochkönig, Hohe Tauern mit Großvenediger und Großglockner.
- Yukigassen-Meisterschaft: Die Internationale Österreichische Yukigassen Meisterschaft findet vom 14. bis 16. März 2025 in Filzmoos statt. Zum Bewerb anmelden können sich Teams über die Homepage des Österreichischen Yukigassen Verbandes (www.yukigassen-austria.at). Neben dem Titel „Österreichischer Yukigassen Staatsmeister“ bekommen die Sieger Medaillen, Sach- und Geldpreise. Das Yukigassen-Spielfeld liegt auf dem Rossbrand, einem Hochplateau auf 1.700 Meter Seehöhe, bequem erreichbar durch eine Gondel. Abseits der Bewerbe kann das Spielfeld kostenlos benutzt werden. Zuschauer zahlen keinen Eintritt. Lediglich die Fahrt mit der Gondel hinauf zum Spielfeld ist zu bezahlen.
- Reisezeit: Die Wintersportsaison dauert in der Regel von Weihnachten bis Mitte April.
Anreise: Von der Stadt Salzburg aus sind es rund 70 Kilometer und von München rund 200 km bis nach Filzmoos, leicht erreichbar per Auto oder Bahn. Direkte Flugverbindungen von Berlin, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf oder Köln gibt es zum rund 75 km entfernten Salzburg Airport. - Unterkunft: Direkt in Filzmoos gibt es einige Unterkünfte, zum Beispiel das Familienhotel Neubergerhof (https://www.neubergerhof.at/), das Resort Hanneshof mit Hotel und Apartments im Zentrum (https://www.hanneshof-resort.com) oder Boutiquehotel Happy Filzmoos (https://www.happyfilzmoos.at/).
- Touren/Aktivitäten: Der schneesichere Wintersportort verfügt über 20 km Pisten, rund 50 km präparierte Langlaufloipen (kostenfrei benutzbar), rund 50 km präparierte Winterwanderwege (kostenfrei benutzbar) sowie Rodelstrecken mit Flutlicht. Seit 40 Jahren hat auch das Ballonfahren Tradition im Ort. Eine Ballonfahrt kostet rund 300 Euro. Abseits des Bewerbes kann das Yukigassen-Spielfeld kostenlos benützt werden.
Die Recherche erfolgte im Auftrag der dpa. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der dpa.
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