Mit der Sonne um den Vulkan tanzen

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Weinfässer als Kühlschrank, Schloss der Schachspieler und erloschene Vulkane: Der Kaskögerlweg im steirischen Vulkanland überrascht Wanderer mit bunten Geschichten aus der Region.

Das satte Grün der Wiesen lockt die Menschen im steirischen Vulkanland schon früh am Morgen ins Freie und schickt sie auf den Weg. Frech kitzelt das taunasse Gras an den Beinen, während die Kunstwerke der Spinnen in der Sonne an den Bäumen glitzern. Die Luft ist klar, der Himmel wolkenlos. Ein Sommertag wie aus dem Bilderbuch, perfekt um einen erloschenen Vulkan zu erkunden und den Geschichten des Kaskögerlwegs zu folgen.

Wandern im Vulkanland, Foto Karin Schafler
Nala genießt den Tag im Vulkanland
Langsam eintauchen in die Natur

Die ersten hundert Meter nach dem Start vom Gasthof „Binderhansl“ mit morgenschweren Beinen sind geschafft. Der Blick über das Vulkanland ist atemberaubend schön: friedlich, in sich ruhend und lebendig zugleich. Der Rundweg bietet herrlichen Aussichten immer wieder Informatives auf Tafeln. Dadurch wird man eingeladen, sich eine kleine Rast zu gönnen und gleichzeitig Geschichten über die Region zu erfahren. Der Blick durch die magischen Fernrohre ist die erste Station dieser Wanderung. Neugierig sieht man durch das Fernrohr, das mit einer Spirale verziert ist. Es ist eine Reise in die Vergangenheit, zwei Millionen Jahre zurück, wo auf den sanften Hügel Lava glühte und die Vulkane Asche spetten. Das Kopfkino läuft und weitere Fragen tauchen auf: Wie hat es die Natur geschafft, sich von dieser Kraterlandschaft in das fruchtbare grüne Land zu verwandeln? Welche Pflanzen und Tiere haben hier vor Urzeiten gelebt und das Vulkanland zu dem gemacht, was es heute ist? Die Zeit vergeht im Flug und es fällt einem schwer sich von diesem Ort los zu reißen. Doch die Antworten warten unterwegs und für die elf Kilometer Rundweg sind gute dreieinhalb Stunden einzuplanen. Also, geht es weiter, immer tiefer hinein ins Land der Vulkane.

Wandern im Vulkanland, Foto Karin Schafler
Wandern im Vulkanland

Der Kaskögerlweg ist eine Initiative der Gemeinde Poppendorf und Teil des Themenwandernetzes „Auf den Spuren der Vulkane“. Der Kaskögerl ist der westlichste Vulkan im steirischen Vulkanland. Jahrhundertelang wurde hier Kies abgebaut. Daher auch der Name: Kies bedeutet Kas und Kogel bedeutet Kögerl. Der Weg schlängelt sich überwiegend durch Wald und Wiesen ohne extremen Steigungen. Wer mit dem Zug anreist, kann die Wanderung gleich vom Bahnhof Gnas beginnen. Hier gibt es auch Parkmöglichkeiten, genauso wie in Poppendorf oder beim Wirtshaus „Binderhansl“. Gleich neben dem Bahnhofsgebäude trifft man hier bereits auf die erste markante Markierungstafel des Kaskögerlwegs: ein Wiedehopf mit Richtungspfeil. Auch ohne Wanderkarte, lässt sich die Spur des Vulkans dank der guten Beschilderung leicht verfolgen.

Schloss der Schachspieler

Nach einer abwechslungsreichen Wanderung durch Wiesen und Wälder, über kleine Bachstege und am Bächlein entlang, kommt man nach einer Gehzeit von rund einer Stunde am Schloss Poppendorf vorbei. Das Schloss mit seiner Schlosstaverne wurde im 17. Jahrhundert anstelle einer Burg aus dem 13. Jahrhundert erbaut und erzählt unter anderem auch die Geschichte vom „Lebendschach“ seines dekadenten Besitzers, dem Baron Pursch. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Besucher des Barons, die gerne Schach spielten, besonders verwöhnt: Ein Bote eilte zum Schulmeister, der sofort die Schule schloss und mit 32 Schülern aufs Schloss kam. Die Kinder wurden als Schachfiguren verkleidet und wurden vom Schlossbalkon aus von den Schachspielern auf einem überdimensionalen Schachbrett dirigiert. Mit der Bauernbefreiung 1848 hatten diese entwürdigenden Spiele dann ein Ende, der Baron verarmte und musste seine Herrschaft aufgeben. Heute befindet sich das Schloss in Privatbesitz, beherbergt ein Restaurant und ist ein Ort für Ausstellungen und Veranstaltungen. Wandern im Vulkanland, Foto Karin Schafler

Wein als Stärkung

Weiter geht es am Schloss vorbei durch einen kleinen Graben durch den Wald aufwärts auf die „Alm“. Auf dieser Anhöhe wandert man teils am Waldrand, teils durch den Wald, bis die Markierung vom Forstweg durch einen steilen Obstgarten führt. Unterwegs quert man den Hof vom Weinbau Rath, der durstige Wanderer wie selbstverständlich mit seinem großartigen Sauvignon Blanc und Wasser versorgt. Damit der Wein nicht ganz so schnell auf den knurrenden Magen trifft, werden auch noch rasch ein paar Verhackert- und Topfenbrote geschmiert und mit freundlichem Lächeln auf die Stehtische gestellt, die extra aus dem Weinkeller geholt werden.

Wandern im Vulkanland, Foto Karin SchaflerKühlschrank im Weinfass

So gestärkt lässt sich die Wanderung durch den steilen Obstgarten leicht bewältigen. Stolz tragen die Apfelbäume noch ihre letzten Blüten, die vom Frost verschont blieben. Der Herbst lässt sich erahnen, wenn sich ein Apfelbaum voller Stolz mit seinen Früchten zeigt. Der Wanderweg ist gut befestigt. Man kann in Ruhe die Obstbäume betrachten, ohne über Wurzeln zu stolpern. Gott sei Dank gibt es aber auch hier weitere Labstation. Allerdings in Form einer Selbstbedienung, die staunen lässt. Man wandert direkt auf zwei große Weinfässer und einen Bauernschrank zu, der köstliche Geheimnisse birgt: ein Kühlschrank mit leckeren Aufstrichen in liebevoll beschrifteten Gläsern, Brot und der Bitte, das Geld, doch einfach in die Kasse zu werfen, das Besteck und die Gläser selbst zu nehmen und hernach in den Gläserspüler zu stellen – der in einem Weinfass versteckt ist. Die kleine Jause verbringt man bei wunderschönem Blick auf die Vulkanlandschaft, die noch einige Geheimnisse auf diesem Weg bereithält.

Wandern im Vulkanland, Foto Karin Schafler

Kraterwände aus Tuff

Nach der Pause – und natürlich mit sauber in den Geschirrspüler verräumten Geschirr – geht es den Hügel hinunter und beim Luderkreuz auf den Schotterweg. Nach kurzer Wanderung betritt man einen Steg über den Vulkan, der direkt an den freiliegenden Kraterwänden vorbeiführt. Die Tuffschichten erzählen von mehreren Vulkanausbrüchen und lassen erahnen, welche gewaltigen Kräfte der Natur hier einst wüteten. Der Vulkan ist schon lange erloschen. Efeu wuchert wie tröstendes Pflaster auf den Narben der Vergangenheit. Der Steg führt hinaus in den Wald, durch den es dann recht steil hinab und beim Kalvarienberg auf die Landstraße geht. Der Anschlussweg zum Bahnhof Gnas ist nicht zu übersehen. Alternativ folgen Wanderer der Straße über die Kuppe zurück zum Wirtshaus „Binderhansl“. Und hier muss zum Ausklang der Wanderung auf dem Kaskögerlweg noch eine steirische Tradition gepflegt werden: der Backhenderlschmaus mit Kernölsalat, Traubensaft und steirischem Wein.

 

Text: Anita Arneitz, Eva Kral, Fotos: Karin Schafler

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