Gefräßige „Bücherwürmer“ waren in der Stiftsbibliothek am Werk, die nicht der Wissenshunger trieb, sondern ihre Gier nach Papier und Knochenleim. Den Schädlingen konnte man fachgerecht den Garaus machen. Buch für Buch, Seite für Seite wurde in der vergangenen Saison begutachtet, gereinigt und wenn nötig aufwändig restauriert. Dieses Thema bildet den Ausgangspunkt für die Sonderausstellung 2016 im Stift Admont. In mehreren Bereichen des Museums wird die Liebe zum Fressen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.
An allem nagt der Zahn der Zeit. Vergänglichkeit stellt eine Herausforderung dar. Sie ist unabänderlich, hat aber auch ihre Reize. Anhand von befallenen historischen Büchern und naturkundlichen Schaupräparaten wird im Ausstellungsteil in der barocken Säulenhalle der Kreislauf des Lebens sichtbar. Es wird deutlich, welche Herausforderung es im musealen Alltag ist, Jahrhunderte alte Bücher zu schützen und für künftige Generationen zu bewahren. Besucher gewinnen einen Einblick in die Arbeit von Schädlingsbekämpfern und erfahrenen Restauratoren. Welche Art von Schädlingen gibt es eigentlich? Welchen Lebensraum bevorzugen sie? Als wissenschaftliches Anschauungsmaterial werden Leihgaben aus dem Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz heran gezogen. Die Sonderausstellung ZUM FRESSEN GERN ist eine spannende Aufarbeitung des Schädlingsbefalls der Bibliothek zwischen Kunst und Natur.
Aus dem reichhaltigen Fundus des Museums schöpfen die Berliner Künstler Sebastian Köpcke und Volker Weinhold ihre kulinarische Inspiration. In großformatigen Fotografien erschaffen sie Stillleben, die in prachtvoller Detailgenauigkeit unsere musealen Sammlungsstücke als Zutaten für ein opulentes Menü verwenden. In diesen sorgsam inszenierten Bildern erscheint manch Vertrautes in neuem Licht. Anklänge an die Küchen- und Jagdstillleben der Renaissance und des Barock sind mit Bedacht gewählt. Sachliche Reduzierung und fotografische Präzision verweisen jedoch deutlich auf die Gegenwart. Die Fotografien schlagen zugleich eine Brücke von der kulturhistorischen Ausstellung zur Gegenwartskunst.
Künstlerische Intervention im Kunsthistorischen Museum
Götz Bury vermittelt eindringlich sein Motto „Gut leben ohne nix“. Im Kunsthistorischen Museum hat er eine eigene Version der Wunderkammer geschaffen. Sie steht im verblüffenden Dialog mit der Schatzkammer. Ausgangsmaterial für dieses prachtvolle „Galadiner“ waren alte Küchen- und Haushaltsgeräte, ausrangierte Waschmaschinentrommeln, Küchenspülen-Bleche, Staubsaugerrohre und Türen, sowie weitere „recycelte“ Wegwerf-Artikel.
Museum für Gegenwartskunst
Kochen ist wohl die älteste schöpferische Tätigkeit des Menschen. Im Ausstellungsjahr 2016 werden aber auch weitere Aspekte des Fressens und Gefressen-Werdens, nobler und skurriler Speisen, entrückter und verrückter Essens-Perpektiven angesprochen! Admonter Mönche, die mit Essbarkeiten als „One Minute Sculptures“ agieren? Oder Spaghetti-Nudeln als Mikadostäbchen? Ameisen, die Zucker-Architekturen abtragen, zerfressen und den Baustoff in die Nahrungskette eingliedern? Oder wie wäre es damit: Röntgen-Computertomographien von Big Macs, Hamburgern? Eine Küche wie Frauen sie sich wünschen? Ein Kochperformance-Video ,,in dem ein schwer verdauliches Buch gekocht und verspeist wird?“
Anhand von „Fastfood“ kann auch das Verhältnis von Nahrung und Ökologie thematisiert werden. Ein 3000 Kilometer Roadtrip von 20 Tonnen Tomaten von der Türkei bis nach Wien karikiert den Wahnsinn unserer Konsumwelt. Ein „Hostienalbum“ verweist auf Parallelen von banalen Handlungen in der Küche zu Zeremonien der Messfeier. Besucher hören Tischgespräche zu „aufgetischten“ Themen, so essentiell, wie das tägliche Brot: Hunger, Flucht, Verlust, Tod, Geburt, Hoffnung, Gespräch, Hilfe, Ankommen.
Wie steht es mit dem Wirkgefüge von Kunst, Wissenschaft, Natur? Sogar die Untersuchung des Fressverhaltens von Käfern oder der Kommunikationsprozesse von Bakterien kann zum Ausgangspunkt der Bildproduktion werden. Leben schafft Leben bildet Leben ab.
Klar darf auch ein riesiges hungriges Scherenschnitt-Krokodil nicht fehlen – und auch kein Menschenfresser, keine wilden Wirtshaus- und keine Jagdszenen! Dagegen wirken die miniaturistischen Darstellungen asiatischer Essens-Szenarien wieder so richtig beruhigend. Essen Sie ruhig! Und denken Sie immer daran: Wir bestehen aus dem Gegessenen!
Öffnungszeiten und Infos: März bis 31. Oktober 2016, täglich 10 bis 17 Uhr, Benediktinerstift Admont
Alle Fotos: Stift Admont, Edgar Lissel, Köpcke & Weinhold, Stilleben
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