Writing retreat? Ist das nur was für Autoren? Was macht ihr da eigentlich? Insiderbericht über die zweite Schreibreise nach Bad Hofgastein – für alle, die gerne schreiben, reisen, lesen und fotografieren.
Inhalt
Schreibworkshop als entspannte Auszeit
Heute ist der zweite Tag unserer zweiten Schreibreise nach Bad Hofgastein. Während sich die anderen gerade leise schreibend mit den großen Themen der Literatur – Liebe und Hass – beschäftigen, beginne ich mit einem kleinen Insiderbericht. Für alle, die wissen wollen, wie es bei so einer Schreibreise (zumindest wenn ich als Schreibtrainerin das Sagen habe) abläuft.
Writing retreats haben lange Tradition
Im englischsprachigen Raum gibt es schon lange so genannte „writings retreats“ in unterschiedlichsten Formen. Im Wesentlichen geht es dabei darum, sich an einem anderen Ort neue Inspirationen für Texte zu holen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und endlich einmal zu schreiben. Denn mal ehrlich, im Alltag bleibt einfach viel zu wenig Zeit, um sich in Ruhe hinzusetzen und sich kreativ mit dem Stift auszutoben.
Als ich 2007 selbstständig mit kreativen Schreibkursen begann, spielte ich schon längst mit den Gedanken selbst solche „writing retreats“ zu veranstalten. Jede Menge Erfahrungen mit dem Konzept sammelten Astrid Fallosch und ich bei den Schreibnächten, die wir jahrelang an verschiedensten Plätzen abhielten. Wir schrieben im Romantikhotel, im Freien, in einer Boutique, mit Hilfe der Sterne oder mit Düften, und im Zug. Die Idee ging auf.
Weil der Schreibort wichtig ist
Die Schreibumgebung spielt eben beim kreativen Schreiben eine große Rolle und jeder Ort animiert zu anderen Texten. Der Ruf nach längeren Schreibauszeiten wurde lauter. Es folgten dreitägige Schreibwerkstätten im Stift Ossiach, die bis heute als „writing retreat“ aufgebaut sind und bei denen ich mit Schreibinseln arbeite. Die nächste Steigerungsstufe war die erste Schreibreise nach Bad Hofgastein.
Schreiben im Völserhof in Bad Hofgastein
Für vier Tage packte eine Gruppe schreiblustiger Leute aus ganz Österreich – von Vorarlberg über Oberösterreich, Wien und Kärnten – ihre Stifte ein, um in Salzburg im Gasteinertal zu schreiben. Damit das funktioniert, braucht es eine schreibfreundliche Basis. In unserem Fall den Völserhof. Die Chefin Daniela Lang ist selbst Buch- und Schreibfan und verwöhnt mit ihrem Team die Schreibgruppe mit perfektem Service. Und ihr Küchenteam schafft es sogar, dass es beim Abendessen ganz leise am Tisch wird, weil es so gut schmeckt. In der Bibliothek können sich die Kreativlinge ausbreiten, unterm Hirschgeweih in bequemen Wohnzimmersessel zurückfallen und ihrer Fantasie freien Lauf lassen.
Ablauf einer Schreibreise – oder was so alles passieren kann
Am ersten Tag, dem Mittwoch, treffen wir uns am Nachmittag zum Schreibkaffee. Ankommen und anschreiben am runden Holztisch im Erker. Neuigkeiten werden ausgetauscht, Organisatorisches geregelt und die ersten Schreibübungen ausprobiert. Mitmachen kann jeder, der gerne schreibt oder gerne schreiben möchte. Egal, ob Neuling oder Profi. Es nicht um perfekte Texte oder literarische Ergüsse, die Preise einheimsen. Im Vordergrund steht der Spaß am Schreiben. Einmal Neues ausprobieren, Zeit für sich selbst und seine Gedanken zu haben, sich Dinge von der Seele schreiben, Verrücktes zulassen.
Muss ich meinen Text vorlesen?
Wer Lust hat, kann – muss aber nicht! – seinen Text vorlesen. Zwischendurch machen wir Feedbackrunden, die Anregungen zur Verbesserung geben. Es entstehen kurze Freewritings, längere Geschichten, Rondells, biografische Texte, Erzählungen, Krimis und vieles mehr. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Was zählt, ist die kreative Idee. Deshalb fangen wir am ersten Tag gemeinsam Geschichten vom roten Pferd und Kommissar Grüne Pfote. Es wird gelacht, gealbert und geschrieben.
Ein Teilnehmer hat in einem Text geschrieben, es gebe Künstler, die malen. Es gebe Künstler, die fotografieren. Und er sei eben ein Künstler, der alles gerne macht: malen, schreiben, fotografieren, reisen. All das hat Raum bei einer Schreibreise. In den individuellen Schreibzeiten wird durch Bad Hofgastein gestreunt, in der Konditorei oder im Kurpark geschrieben. Wer die Schreiber dabei beobachtet, ist völlig fasziniert vom konzentrierten Blick, der in ein breites Lächeln übergeht und den Bleistift übers Papier jagt. An einem Tag entstehen zahlreiche Texte. Dazwischen wird geschlemmt, gewandert und entspannt.
Schreibausflug sorgt für Abwechslung und Abenteuer
Je nach dem Wetter steht ein Schreibausflug am Programm. Im vorigen Jahr fuhren wir nach Bad Gastein – zum Wasserfall, den romantischen Gebäuden und morbiden Ecken. Heuer geht’s auf die Alm. Das Wetter spielt mit. Wir werden Gedichte am Stausee schreiben, auf den Gipfel wandern und uns auf der Sonnenterrasse über die Werke austauschen.
Stürmische Zeiten auf der Schlossalm
Tja, manchmal kommt es anders, als man denkt. Das Wetter spielte doch nicht mit. Auf der Schlossalm war es recht stürmisch, keiner konnte den Stift in der Hand halten. Weder mit den Felsenwesensuchen noch mit dem Gipfelkreuzbesuch ist etwas geworden. Statt dessen gab es verwehte Gedanken und durcheinander gewirbelte Haare. Es blieb nur die Flucht in die Gondel zur Mittelstation.
Sonnige Schreibstunden auf der Bärsteinalm
Auf der Bärsteinalm fanden die Schreiberlinge dann ein alternatives Rückzugsgebiet und jede Menge Sonne. Gestärkt mit Kaspresssuppe und Jause entstanden fünf Minigeschichten, fabelhafte Texte und windige Pantums. Fünf Stunden frische Bergluft macht hungrig, dachte sich zumindest der Küchenchef und tischte extra große Portionen getoppt mit selbst gemachten Erdbeerstanitzel auf.
Aktivierung der Schreibkraftreserven
Tag 3. Erste Ermüdungserscheinungen machen sich sichtbar. Die Schreibhefte sind schon gut gefüllt. Die Muße von der Alm hat gewirkt. Jetzt beginnt die Nachbearbeitung. Was macht der Hai auf dem Berg?Warum kann ein Kaiserschmarren recht gefährlich werden? Vorleserunden geben Antworten.
Gepresste Almkräuter dienten als weitere Inspirationsquelle. Dem Rotklee wurde ein Triolett gewidmet, der Alpenkuhschelle ein Chant Royal. Eine Ode an die Natur. Bücherfans machten sich dann auf die Suche nach neuen Titeln und borgten sich in der Bibliothek Figuren für ihre Geschichten aus. Ausgestattet mit ein paar Schreibaufträgen „durften“ die Teilnehmer am Nachmittag in Bad Hofgastein ausschwärmen und ihren eigenen Lieblingsschreibplatz suchen.
Literaturfrühstück
Den Tag musst du am Morgen suchen. Dementsprechend klingt die Schreibreise mit einem Literaturfrühstück am vierten Tag aus. Während selbst gemachte Erdbeer-Rhabarbermarmelade vom Vollkornweckerl rinnt, gibt jeder das Beste aus seinem kreativen Schaffen zum Besten.
Resümee: Am Ende tut nicht nur der Schreibmuskel vom vielen Schreiben mit der Hand weh, sondern auch die Lachmuskeln. Die Auszeit mit Block und Bleistift scheint nach einer Wiederholung zu rufen.
Nächste Schreibreise-Termine in Bad Hofgastein
Schreiben zwischen bunten Blätter: Mittwoch, 5. Oktober bis Samstag, 8. Oktober 2016 im Hotel Völserhof in Bad Hofgastein. Attraktives Package mit Halbpension, Teilnahmegebühr, Schreibausflug, individuelle Anreise. Während der individuellen Schreibzeit auch Besuch der Therme möglich! Frühere Anreise oder Verlängerungen kein Problem.
Video 1. Schreibreise in Bad Hofgastein:
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Fotos: Anita Arneitz
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