Beim härtesten Schlittenhunderennen der Welt kämpfte sich die Musherin Mary Shields in Alaska 28 Tage lang durch Eis und Schnee. Dabei wurde ihr klar, dass sie das nicht nur für sich alleine tut.
Inhalt
Mary Shields und ihre Liebe zu Hunden
Zugefrorene Flüsse, meterhoher Schnee auf den Bergpässen und eine eisige Kälte, die der Wind durch die Täler treibt. Im März hat der Winter Alaska noch fest Griff. Auch 1974 als erstmals Frauen beim Iditarod-Rennen zugelassen werden. Das Schlittenhunderrennen zählt zu den härtesten der Welt und war eine Domäne der Männer – bis Mary Shields kam.
Ohne lange Vorbereitungen oder intensives Training meldete sie sich völlig unbedarft zum Start an und erfüllte sich damit einen lang gehegten Traum. Einmal einer legendären Route folgen und sich mit ihren Hunden dem Winter stellen. Das taten Ureinwohner und Händler schon lange vor ihr. 1925 brachen zum Beispiel 25 Musher von Anchorage nach Nome auf, um der kranken Bevölkerung Medizin zu bringen und eine Diphtherie-Epidemie zu verhindern. In Andenken an diese Leistung wurde das Iditarod-Rennen ins Leben gerufen. Die über 1500 Kilometer wollte Mary mit einem Team von acht Hunden schaffen.
Als Leithund spannte sie Labrador Cabbage vor. Traditionell gingen die Profi-Musher mit bis zu 16 kräftigen Huskys an den Start. Marys Gespann wurde belächelt und mit abwertenden Blicken bedacht. Immer wieder sagten ihr die Männer, sie solle doch aufgeben, so komme sie ja sowieso nicht ans Ziel. Aber Mary war stur und folgte ihrer Intuition. Sie hatte keine Angst und wusste, sie konnte sich alleine durchschlagen.
Wie Mary Shields nach Alaska kam
Als junges Mädchen aus Wisconsin kam sie für ein Sommerpraktikum 1965 nach Alaska und verliebte sich in das Land. Im darauffolgenden Sommer kam sie zurück und blieb für immer. Den ersten Winter hielt sie sich mit verschiedenen Jobs über Wasser. Mit 21 Jahren suchte sie dann den Sinn des Lebens in der Wildnis. Mary baute sich in der Abgeschiedenheit eine kleine Hütte und versorgte sich selbst.
Der Winter lehrte mich viele Lektionen. Eine davon war, auf mich selbst zu hören.“
In dieser Zeit bekam sie auch per Zufall ihre ersten Hunde. Seit dem sollten die Vierbeiner sie ihr ganzes Leben begleiten. Wenn sie mit ihrem Team draußen unterwegs ist, schlagen sie ihr Zelt zwischen den Bäumen auf.
Der Winter ist die beste Zeit für Camping. Es gibt keine Bären und Moskitos, aber dafür die Nordlichter am Himmel.“
Doch bevor sie den Kopf nach hinten fallen lässt, um mit den Hunden einen Gutenacht-Gruß zu heulen, macht sie Feuer und taut den Schnee. Bei einem Rennen verbrauchen die Hunde bis zu 11.000 Kalorien pro Tag. Heute wird das Futter mit dem Hubschrauber oder Schneemobil zu den Checkpoints geliefert. Mary bereitete es selbst zu. Heißes Wasser wurde mit Fischöl angereichert, der gefrorene Lachs über das Feuer gehalten. Alles in allem braucht das schon ein paar Stunden. Geschlafen wurde dann am Schlitten, eingemummt in ihrem Mantel aus Rentierfell und mit einem feuchten Kuss von Cabbage.
Schlittenhunde und ihre Musher
Von Peitschen und Zwang hält sie nichts. Ihre Puppies erzieht sie positiv mit Belohnungen und liebevoller Kommunikation. Nach dem Rennen kommen die Hunde nicht auf das Abstellgleis, sondern dürfen bei ihr bleiben wie Ofee, Frosty, Big dog oder To Sweetie. „Ich liebe jeden aus verschiedenen Gründen.“ Selbst wenn einer Mal frech die Blume vom Haar stibitzt. Die Kleine dürfen das. Sie brauchen lange, bis sie vor den Schlitten gespannt werden. Sie laufen hinter dem Schlitten her und lernen von den Großen. Wenn sie müde sind, werden sie einfach in den Schlitten gepackt.
Jeder Hundehalter oder Musher muss seinen eigenen Weg finden. Aber wenn etwas schief läuft, ist es niemals die Schuld des Tieres, sondern es liegt an der falschen Kommunikation des Menschen.“
Das große Iditarod-Rennen
Beim Iditarod-Rennen klappte alles. Bei einem Checkpoint erzählten ihr die Einheimischen, dass die Männer bereits kurz vor ihr da waren. Eigentlich wollten sie über die Nacht bleiben, aber als sie sahen, dass Mary ihnen dicht auf den Fährten war, packten sie zusammen und fuhren weiter. Keiner wollte sich die Blöße geben, von einer Frau überholt zu werden. Als sich Mary dem Ziel näherte, war sie überrascht über die jubelnden Frauen. Sie hielten ein Transparent mit dem Worten „You´ve come a long way, baby!“ hoch. Erst da wurde ihr bewusst, dass sie das Rennen nicht für sich alleine, sondern für alle Frauen in Alaska fuhr.
Ein paar Tage nach der Feier machte sich Mary mit ihren Hunden wieder auf den Weg zurück in ihr Zuhause, in die Wildnis. Sie ist überzeugt:
„Wer auf sein Herz hört, findet immer seinen eigenen Trail – auch ohne Hunde.“
Ohne großartig darüber nachzudenken ist sie ein persönliches Risiko eingegangen, um die Chancengleichheit der Frauen in Alaska zu verbessern und inspirierte jahrzehntelang weibliche Musher. Dafür wurde sie im Frühling 2017 mit dem „Women Who Dared Gratitude Award“ ausgezeichnet.
Ausflugstipp für Alaska
Mary Shields lebt in Fairbanks und zeigt nach wie vor Besuchergruppen in ihrem Zuhause mitten im Wald, wie das Leben mit ihren Hunden aussieht und wie frau alleine mit dem Schlitten im Schnee überlebt. Kurzweilige Stunden voller Lebensfreude und Wissen, trotz eisiger Temperaturen.
Reise nach Alaska
Alaska hat zu jeder Jahreszeit seinen Reiz. Die Landschaft und die Weite sind ein Erlebnis für sich. Wir haben uns sofort in das Land und die Menschen verliebt. Daher gibt es inzwischen auch einige Artikel über Alaska hier auf dem Reiseblog. Und es werden noch mehr folgen.
Alaska ganz im Norden: Mein Nachbar, der Eisbär
Video: Ein paar Impressionen aus Alaska
North Pole, Alaska: Santa Claus beweist Sitzfleisch
Update 2020: Auf Rosas Reisen dreht sich alles rund um Reisen in den Norden. In ihrem Round-up zu den schönsten Erlebnissen im hohen Norden findest du noch weitere Tipps.
Alle Fotos: Anita Arneitz & Matthias Eichinger. Der Artikel erschien erstmals in ähnlicher Form im Magazin freundin.
18 Comments
Hi Anita,
ich wollte mal Danke sagen für die spannende Reiseberichte und Erfahrungen, die Du in dieser blöden Corona-Zeit veröffentlichst. Aktuell kommt man ja nicht wirklich weit weg. Und auch wenn Deutschland sehr schöne Ecken hat und die Ostsee oder das alpine Vorland besser ist als gar nicht reisen, habe ich trotzdem echt fernweh. Daher tuen die Texte und Bilder wirklich gut.
Liebe Grüße und das es bald wieder losgehen kann
Jörg
Hallo Jörg, danke für dein Feedback – das freut mich! Ich mag die Heimat auch sehr, aber das Fernweh ist deshalb trotzdem nicht gestillt. Aber ich bin mir sicher, nicht mehr allzu lange, dann können wir wieder unterwegs sein. Liebe Grüße, Anita